Marius Neset
Cabaret
(ACT/edel)
Marius Neset, der skandinavische Michael Brecker, ist spieltechnisch bekanntlich ein Saxofonist der Extraklasse. Auch als Komponist geht er, wie man weiß, gerne in die Vollen und schreibt für Bigband, Sinfonieorchester oder drei Ensembles auf einmal. Wenn er sich nun (wieder) mit einem Quintett zufriedengibt, dann ahnt man schon, warum er gleich zwei Keyboarder in der Band hat. Der eine (Magnus Hjorth) spielt das Klavier, der andere (Elliot Galvin) muss mithilfe der Elektronik ein ganzes Orchester ersetzen. Das Quintettformat mag für Nesets Verhältnisse bescheiden wirken – seine Musik ist es gewiss nicht. Der Albumtitel „Cabaret“ gibt ihm die Narrenfreiheit, einen Mega-Musikzirkus zu inszenieren, einen surrealen, frenetisch überdrehten Eklektizismus-Bombast. Da purzeln die Rhythmen und Tempi übereinander, da werden musikalische Ereignisschichten gestapelt, da werden die Stilzitate wild verrührt – das alles hypernervös und überdreht. (Sensationell: Drummer Anton Eger.) Einige der schrillsten Stellen finden sich in den Stücken „Cabaret“ (mit Charleston-Intermezzo), „Hyp3rsonic Cabar3t“ (im 33/8-Takt), „P11″ und „Quantum Dance“. Aber auch wo es ruhiger zugeht, wo es vielleicht sogar nach kommerziellem Fusionsound klingt, sollte man mit plötzlichen Prog-Art-Jazz-Explosionen rechnen. Vorhersehbar ist hier nichts.