German Jazz

Pit HuberEndlich ist der deutsche Sommer mal ein richtiger Sommer, die deutschen Nationalkicker spielen richtigen Fußball, und die Deutschen überhaupt haben so richtig Grund, mal richtig Flagge zu zeigen. Das findet übrigens auch unser Nationalnobelpreisträger Günter Grass, der Deutschendeuter. Und die Herren von den Schlüsselmedien unserer Meinung pflichten ihm gleich bei: Deutschland, sagen sie, das seien ja nicht nur 12 Jahre Hitler, sondern auch Hermann der Cherusker, Martin Luther und Otto von Bismarck.
 
Und so sahen wir sie dann dahinziehen, die Fanmeilenfans, sahen, wie sie – schwer tragend am Bewusstsein jahrtausendealter deutscher Tradition und des lastenden Erbes von 12 Jahren Hitler – ihre Wangen und Autos mit deutschen Farben schmückten. Macht ja auch viel mehr Sinn als zum Beispiel die Love Parade, das ist ja mehr so eine internationale Sache. Unter Deutschen feiert sich’s viel netter und bedeutungsvoller. Tolle Stimmung.
 
Der positive Party-Patriotismus hat auch die hiesige Musik merklich aufgefrischt. Früher hießen deutsche Rockbands Tangerine Dream, Can oder Birth Control, heute tragen sie heimelig-romantische Namen, die klingen wie Julimond, Silberheld, Waldtöchter oder Heimgewächs. Dasselbe im Jazz: Bands und Alben wie Passport, Mild Maniac Orchestra und Fluid Rustle waren gestern. Heute heißen sie Tonwerkstatt, Grundrauschen, Wilder Klang oder so ähnlich.
 
„German Jazz“ ist zum Qualitätssiegel geworden – wie böhmische Knödel oder schwedisches Knäckebrot. Bekannte deutsche Jazzkomponisten: Ralph-Maria Siegel, Robert Schumann, Anete Humpe. Überhaupt geht der Jazz ja eigentlich auf ein deutsches Kartenspiel aus dem Mittelalter zurück: den Jass. Es heißt jetzt auch nicht mehr „German Jazz Masters“, sondern „Deutschjassmeister“. Und gescattet wird jetzt auch auf Deutsch. Bei der Sängerin Sabine Kühlich liest sich das so: „Du doh, bo dää, da dää sweeh boaaa wo wa deeaai. Düb boo, so bo weeaaij, wa soobnwoab wasulnja wouwab!“ Das heißt wahrscheinlich nicht mehr Scat, sondern Skat. Eine Fortentwicklung des mittelalterlichen Jass.
 
Pit Huber

Veröffentlicht am unter Blog thing

Deutscher Jazzpreis 2025

3 Kommentare zu „German Jazz“

  1. Pit,
    selten so einen saudummen Kommentar geslesen.Und „macht Sinn“ gibts im Deutschen nicht.Also schlag ich vor: erst bilden, dann urteilen und nicht auf jeder „ich bin cool und international“-Welle mitschwimmen.

  2. Wieso ergibt „macht Sinn“ keinen Sinn im Deutschen? Es ist nichts weiter als ein Anglizismus, der zwar nicht die höreren Weihen der Dudenredaktion bekommt, aber umgangsprachlich weit verbreitet ist. Also macht „macht Sinn“ doch wieder Sinn, oder? Und die während der WM grassierende Deutschtümelei ist ebenso unerträglich wie vieles, was unter dem Signet „(Young) German Jazz“ zu hören ist. Denn ob ich mir nun die volltrunkene Idotie schwarz-rot-gold bemalter und beflaggter Fußballtrottel anhören muss oder die staubigen Jazz-Versionen von kratzigen deutschen Schlagern etwa der Young German Friends läuft doch auf das Gleiche hinaus. Die Pisa-Studie hat eben doch recht, und Beckmann, Kerner & Co. haben ihr Ziel erreicht: Deutschland einig Vaterland retardierend-grenzdebiler Idioten.

  3. Gerade bei 3sat Kulturzeit gefunden (über Ella Fitzgerald): „Sie erfindet den Skatgesang, indem sie sinnfreie Silben aneinandereiht und ihnen einfach freien Lauf zur Musik läßt.“ So viel zum Skat.

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