Peter Herbolzheimer

Sunshine And Bossa Nova

(HGBS/FMS)

Peter Herbolzheimer - Sunshine And Bossa NovaZwei CDs, die beweisen, was der europäische Jazz im vergangenen Jahr verloren hat, als sich Peter Herbolzheimer von diesem Planeten verabschiedete. Diese Hommage an den großen Bandleader beleuchtet zwei wesentliche Aspekte des Mannes, der Big-Band-Geschichte geschrieben hat: die des Innovators, der die jazzende Großformation für Einflüsse aus der Pop- und Rockmusik öffnete, und die des Jazz-Pädagogen, der mehrere Generationen junger Musiker nach vorne brachte. Die Rolle des Big-Band-Leaders präsentiert eine Wiederveröffentlichung des Albums „My Kind Of Sunshine“ der Rhythm Combination & Brass: eine der frühen Live-Sessions der Band, die es bisher nur als LP auf dem MPS-Label gab. Ein Makel, der nun glücklicherweise behoben wird. Denn die beiden Konzert-Mitschnitte aus dem Münchener Domizil aus den Jahren 1970 und 1971 präsentieren Deutschlands damals innovativste Big Band auf höchstem Energie-Level. Die Combo mit ihrem charakteristischen um den Saxofon-Satz reduzierten Sound rockt, funkt, swingt und groovt, die Spielfreude bewegt sich auf gefährlich explosivem Niveau und der Wille zum Experimentieren, zu elektrischen Sound-Verfremdungen, zum Verschmelzen des Jazz mit Rock- und Latin-Sequenzen ist grenzenlos, genauso wie die Lust zu ausgedehnten Exkursionen vor allem in der Trompeten-Section. Zu diesem absoluten Muss für die Big-Band-Fangemeinde gesellen sich noch Live-Mitschnitte mit dem BuJazzO. Was Herbolzheimer mit diesem Orchester an Nachwuchsarbeit geleistet hat, zeigen die Ergebnisse seiner letzten Arbeitsphase mit den Jung-Jazzern aus dem Jahr 2005. Zum 40. Geburtstag des Bossa Nova legte Herbolzheimer seinen Schülern Arrangements von Klassikern dieser Musik auf die Pulte. Die junge Generation setzte diese furios um und zeigte sich als Klangkörper, der mit einer bemerkenswerten Leichtfüßigkeit und Souveränität durch diese Kompositionen tänzelte.

Text
Michael Stürm
, Jazz thing 90

Veröffentlicht am unter Reviews

rejazz festival 2024