Erik Truffaz & Murcof

Being Human Being

(Mundo Recordings/Rough Trade)

Erik Truffaz & Murcof – Being Human Being (Cover)Eine winzige Fluktuation, mit der alles beginnt: Wie zum Beginn einer Sinfonie erhebt sich in „Origin Of The World“ ein stehender Klang aus dem Nichts der Stille, gleitet langsam lauter werdend über die Hörschwelle. Die zarten, lyrische Linien, die der Trompeter Erik Truffaz über die Soundscapes des Producers Murcof legt, lassen dann aber auch daran denken, dass das gleichnamige Gemälde von Gustave Courbet sich jahrzehntelang im Haushalt des französischen Psychoanalytikers Jacques Lacan befand. Mit dem Mini-Album „Mexico“ hatten Truffaz und Murcof bereits eine Duftmarke gesetzt. Inspiriert von den Bildern des serbischen Malers Enki Bilal, läuft das Duo mit seiner zweiten Zusammenarbeit zur Höchstform auf. Zu den zurückgenommen rhythmisierten, oft eher von einem Puls durchzogenen als von einem Groove getragenen, nächtlich-düsteren Klangräumen des Mexikaners, dem souverän ein reicher Fundus von Filmmusik im Sinn von John Carpenter, deutscher 1970er-Elektronik wie Klaus Schulze und Minimal-Music-Pionieren wie Steve Reich oder Phillipp Glass zu Gebote steht, findet der Schweizer einen melancholisch verhangenen, blauschwarzen Seelenklang, gibt einen Miles ohne den stechend misanthropischen Weltschmerz-Ton. Etwa so, als ob eine elektronische Version von Bohren und der Club Of Gore mit Nils Petter Molvær ins Studio gegangen wären. Ob in zwei Minuten wie auf dem fast sakral gestimmten“Hybridation“ oder im epischen „Warhol“ – fast 15 Minuten schleppend hypnotische Faszination: Alles klingt in sich geschlossen und doch schlüssig zusammenhängend. Dadurch wirkt „Being Human Being“ wie aus einem Guss. Famoses Album an der Schnittstelle von Neuer Klassik, Electronic und Jazz.

Text
Harry Schmidt
, Jazz thing 107

Veröffentlicht am unter Reviews

jazzfuel