Bill Frisell

When You Wish Upon A Star

(OKeh/Sony)

Pro

Bill Frisell – When You Wish Upon A Star (Cover)Seit drei Jahrzehnten zählt Bill Frisell zu den wichtigen Gitarristen des Jazz. Was Frisells Suche in abgelegenen Ecken so interessant machen kann, ist sein Talent, alte Substanzen zu entschlacken und auf den Punkt zu bringen. Er rückte Ives, Copland, Dylan und Madonna auf den Pelz – lange hatte er es mit amerikanischen Roots, kürzlich zerlegte er Surfgitarrensounds. Nun nimmt er sich Melodien aus der Filmwelt vor. Wieder ist Petra Haden dabei, mit der er einige Klassiker schon einmal inszeniert hat, mit Eyvind Kang, Thomas Morgan und dem das Unhörbare ermöglichenden Rudy Royston an den Drums ergibt sich ein weiter gefächertes Klangbild, das für den alles andere als pyrotechnischen Virtuosen eine herrliche Vorlage gibt: egal ob es mit „Bonanza“ im Galopp über die Prärie geht, „Spiel mir das Lied vom Tod“ als Suite kommt oder der „Moon River“ in seiner schlichten Schönheit besungen wird.
Uli Lemke

Kontra

Bill Frisell gehörte einst zu den Vordenkern, die Legionen von Gitarristen inspirierten. Leider läuft er in letzter Zeit der eigenen Vergangenheit hinterher. „When You Wish Upon A Star“ erinnert mich an die immer gleichen Geschichten meines Großvaters vom Ersten Weltkrieg. Frisell friemelt sich in seinen Erinnerungen zurecht und lässt den Hörer weitgehend draußen. Das ist noch nicht das Ärgerlichste. Die CD weist Anzeichen von Faulheit auf. Einige Songs hat er in sehr ähnlichen Arrangements schon auf seiner Duo-CD mit Petra Haden kredenzt. Es gibt sicher schöne und poetische Momente, doch die hätten sich auch in einem Kontext mit mehr gedanklichem Kontrapunkt unterbringen lassen. Es wäre wünschenswert, dass er uns zur Abwechslung mal wieder mit einer Platte beglücken würde, auf der er seinen Blick, wenn schon nicht in die Zukunft, so doch wenigstens in die Gegenwart schweifen lässt.
Wolf Kampmann

Text
Uli Lemke, Wolf Kampmann
, Jazz thing 112

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