Borg

Lisa Bassenge„Paul…“
„Was?“
„Sag mal ’n Thema für ’n Blog.“
„Hmmmm.“
„Thema Sommerloch?“
„Hmmm. Ich will aber nicht, dass alle wissen, dass ich total abgebrannt bin.“
„Stimmt, ist vielleicht nicht so ne gute Idee…“
„Hmmm…“
„Thema Borg?“
„Das ist eine gute Idee!“

AAAAlso, geneigter Leser, hier ein Blog mit dem Thema Borg: Borg ist ein kleines Örtchen in der Lüneburger Heide, vormals zu Mauerzeiten DIE Sommerfrische für den überarbeiteten Westberliner. Einmal durch den Osten durch und du warst schon da. Heute liegt dort der Hund begraben und auch vieles andere, von dem man gar nicht wissen will, was es ist.

Nun beginnt der geneigte Leser sich zu fragen: Was will sie nur mit der ollen Lüneburger Heide? Wieso Borg? Und vor allem: Wo kommt da die Musik rein? Da kann ich nur antworten: Lieber Leser, Geduld ist die Mutter der Porzellankiste! (Ich weiß: eigentlich Vorsicht – aber auch Geduld… sozusagen die Zweitmutter. Denn wer, wenn nicht ein WIRKLICH geduldiger Mensch, hütet Porzellan?)

Natürlich wäre Borg absolut kein geeignetes Thema für einen Musikblog, wenn nicht Pauls Eltern, gemeinsam mit sieben anderen Parteien, dort eine alte Bauernkate besäßen, die meine Band „micatone“ und ich uns letztens als Rückzugsort für eine kleine Probensequenz ausgesucht haben. Und hier kommt die Musik ins Spiel, aber auch andere Protagonisten, zum Beispiel Pauls Vater Bernhard und sein guter Freund Dieter, die jedes Jahr gemeinsam ein paar Wochen in Borg verbringen und dort, von der Großstadt überfüttert, einfach nur still und leise ihrem jeweiligen Handwerk nachgehen. Zeitunglesen, Dartspielen, Teetrinken und ab und zu mal einen Baum fällen oder an irgendetwas rumschmirgeln. Ich als Frau kenn mich ja mit so handwerklichen Dingen nicht aus. Oder der brackige Baggersee, in dessen stinkige Fluten wir uns stürzen, nachdem Paul nicht enden wollende Lobeshymnen auf ihn gesungen hat. Oder das Stadtbad Rosche, in dem man die Landbevölkerung live vor sich hinvegetieren sieht.

Also, Paul, Boris, Hagen (der eigentlich Sebastian heißt, aber wegen seines schwachen Magens von allen nur noch Hagen gerufen wird) und ich fahren nach Borg, zum Proben. Zuerst werden die „Indies“ aufgeteilt, das sind die „Individualräume“, kleine Mönchszellen mit Hochbett für eine Person, in denen wir die nächste Woche verbringen werden.

Wir streunen durch den Garten und treffen Ernie, den Stadtkater, der seinen Urlaub hier verbringt, und so langsam werde ich ganz still und froh. Und ich überlege, warum man das nicht öfter mal macht. Einfach für ein paar Tage abhauen, sich zurückziehen und Musik machen. Wir gehen auf den Markt und kaufen Fisch. Nach einem gerade noch unblutigen Machtgerangel mit Bernhard überlasse ich ihm das Zepter in der Küche und die Herrschaft über die sechs Forellen und begebe mich auf einen Spaziergang über die Felder.

Langsam wird es dunkel. Beim Abendessen lauschen wir Dieters und Bernhards „Geschichten, die das Leben schreibt“ und amüsieren uns köstlich. Köstlich ist auch der Fisch und zum Abschluss spielen wir ein paar Runden Dart an der Scheunenwand. Spätestens jetzt weiß ich: Ich liebe das Landleben. Auch wenn ich am nächsten Morgen total zerstochen aufwache.

Und jetzt gibt’s Musik. Wir räumen nach dem Frühstück unsere Instrumente auf den Tisch unter der Pergola, holen ein paar Verlängerungskabel und dann geht’s los. Mann, ist das schön, draußen zu proben, während die Sonne scheint. Von mir aus könnte es ewig so weitergehen. Geht’s aber nicht. Nach ein paar Tagen müssen wir wieder heim und das war’s dann mit Borg. Aber ich hab ein neues Stück geschrieben.

Viele Grüße, Eure
Lisa Bassenge

Veröffentlicht am unter Blog thing

jazzfuel