These New Puritans

Field Of Reeds

(PIAS/Rough Trade)

These New Puritans – Field Of Reeds (Cover)Was sind das für Puritaner, die auf der Suche nach dem Punkt sind, an dem sich Dancehall-Reggae und Steve Reich treffen? Diesen utopischen Ort nannte Sänger und Frontmann Jack Barnett jedenfalls als Fluchtpunkt der Musik, die er seit 2006 mit seinem Zwillingsbruder George am Bass (plus Keyboarderin und Drummer) beständig weiterentwickelt. Auch große Namen wie RZA und Aphex Twin ließen sie schon fallen – und jedem Hörer werden da noch ein paar eigene Ideen kommen (Radiohead zum Beispiel). Dieses Dickicht aus Referenzen, das für eine im Myspace-Zeitalter gegründete Band wohl typisch ist, ist Fluch und Segen der Puritans aus Southend- by-Sea zugleich: Immerhin gilt es, aus unzähligen Versatzstücken aufgeschnappter Handgriffe, Tricks und Kniffe, die alle schon mal jemand vorher ausprobiert hatte, etwas Eigenes zu formen. Den Puritans gelingt dies auch auf dem dritten Album wieder um Haaresbreite. Sie entwerfen dunkel dräuende Soundtexturen aus murmelnden Basslines und pluckernden Elektropercussions, verhangen wie der Himmel über der Küste und sehnsuchtsvoll-beschwipst wie ein Sonnenaufgang nach dem Rave. Allein der fast zehnminütige Track mit dem unschuldigen Titel „Fragment 2″ hat einen hypnotischen Effekt, der sich aus Repetition, ungeradem Metrum und impressionistischen Harmonien ergibt. Das ist schon etwas mehr als Steve Reich, auch wenn die Dancehall in diesen Momenten in weite Ferne rückt. Später im Album wird dieselbe Akkordprogression im anderen Kontext auftauchen. Ein Effekt, mit dem die Puritans gerne spielen: Ganz ähnlich wie die (bereits 1976 gegründete) Band Wire betrachten sie ihre Musik als Baukasten, aus dem sich immer wieder neue Permutationen zusammensetzen lassen. Kunstanspruch, Ehrgeiz, Methode und Geschmack fallen auf „Field Of Reeds“ in eins: Art-Rock mit viel Art(igkeit) und wenig Rock.

Text
Eric Mandel
, Jazz thing 99

Veröffentlicht am unter Reviews

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