Joe Henry

All The Eye Can See

(Ear Music/edel)

Joe Henry – All The Eye Can See (Cover)Auf den amerikanischen Singer-Songwriter Joe Henry ist Verlass, immer und ausnahmslos. Er ist ein Geschichtenerzähler, dessen Songs so plastisch sind, als würde er sie uns aus einem Buch vorlesen. Wie immer beruht die Fulminanz ihrer Soundtracks auf dem sparsamen Einsatz ihrer Mittel. Nie schöpft er aus dem Vollen, um somit eine umso größere Dramatik zu forcieren. Saxofon, Gitarre, Klavier, Geige und Akkordeon werden zurückhaltend, aber pointiert eingesetzt. Stärker als auf früheren Alben erinnert seine Instrumentierung an Leonard Cohen, was sicher nicht beabsichtigt ist. Nie lenkt die Musik jedoch von Henrys leidenschaftlich vorgetragenen Storys ab. Seine Stimme klingt gewohnt nölig, aber das macht seinen Vortrag umso eindringlicher. Die intime Nachdenklichkeit seiner neuen Geschichten ist unübertrefflich, aber wer wie er dem Tod bereits ins Auge gesehen hat, weiß, was es heißt, über das Leben zu singen. Jeder Ton, jede Silbe ist ein neuer Tag, ein Gewinn, ein Weiterleben. Die Schönheit dieser Songs tröpfelt wie warmer Sommertau auf die Gärten unserer eigenen Erinnerungen, um dort zu erblühen.

Text
Wolf Kampmann
, Jazz thing 148

Veröffentlicht am unter Reviews

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