Émile Parisien Quartet

Let Them Cook

(ACT/edel)

PRO

Émile Parisien Quartet – Let Them Cook (Cover)Dieses Quartett fand vor 20 Jahren zusammen, aber die elektronischen Zutaten sind eine relativ neue Entwicklung. Was die Band um Émile Parisien daraus macht, resultiert in einem der einfallsreichsten Alben der letzten Monate. „Let Them Cook“ verbindet hohe, virtuose Tempi mit meditativer Entspannung, denn die Musik vollzieht sich häufig auf mehreren Ebenen gleichzeitig. Im Mittelpunkt steht Parisien, der sein Sopransaxofon so wandlungsfähig spielt wie niemand sonst. Sein Ton klingt abwechselnd nasal, fruchtig oder fleischig, erinnert mal an eine Flöte, mal an eine Shehnai. Die Stücke verknüpfen abstrakte, zerklüftete Themen mit perkussiv-elektronischen Soundflächen und Soundbildern – das ist faszinierend originell und anders. Zusammen mit Julien Loutelier (Schlagzeug und Elektronik), Julien Touéry (Piano) und Ivan Gélugne (Bass) ist ­Parisien ein unkonventionelles ­Meisterwerk gelungen.
Hans-Jürgen Schaal

Contra

Wenn man 20 Jahre zusammen ist, schleichen sich Gewohnheiten und Routinen im Umgang miteinander ein – das kann in jeder Ehe passieren. Das werden sich vielleicht auch die Musikerfreunde um den französischen Sopransaxofonisten Émile Parisien gedacht haben, als sie sich entschlossen, ihr bis dato analog-akustisches Setting durch allerlei Spielereien aus dem digitalen Baukasten aufzupeppen. Und was live auf der Bühne funktioniert hat, kann im Studio nur besser werden. So hasenfüßig aber, wie die vier Franzosen für „Let Them Cook“ das Thema angegangen sind, hätte man es von ihnen nicht erwartet. Nahezu unbemerkt tritt erst im vierten Stück dieses Albums das Elektronische mit Anleihen an die Clubkultur hinzu, das aber sofort von den akustischen Instrumenten an die Wand gespielt wird. Mehr Wagemut hat man sich von Parisien und seinen Buddies dann doch gewünscht.
Martin Laurentius

Text
Hans-Jürgen Schaal, Martin Laurentius
, Jazz thing 153

Veröffentlicht am unter Reviews

Canarias Jazz & Más 2024