Blind Boys of Alabama

I'll Find A Way

(Sony Classical/Sony)

PRO

Blind Boys of Alabama – I'll Find A Way (Cover)Schon Ende der 1930er-Jahre wurde diese Band am „Alabama Institute for the Negro Blind“ gegründet. Eigentlich unglaublich, wenn man hört, wie frisch die älteren Herren auf „I’ll Find A Way“ klingen. Sicher ein Verdienst ihrer großen Klasse, aber auch von Produzent Justin Vernon. Der Frontmann von Bon Iver ist sonst eher in Indie und Folk zu Hause, hat in seinem Studio in der winterlichen Wildnis von Wisconsin ein feines Gospelalbum zusammengestellt. Mit Klassikern wie „I Shall Not Be Moved“, das animierend rüberkommt, aber auch mit bewegenden Stücken wie dem Traditional „Take Me To The Water“, dem Titelsong des Albums, oder Bob Dylans „Every Grain Of Sand“. Bei Letzterem singt Vernon selbst. Überhaupt hat der Produzent einige Gaststimmen für diese Produktion eingeladen. Auch das sind weitere Mosaiksteinchen zu einem vielseitigen, hörenswerten Gospelalbum.
Christoph Giese

KONTRA

In den letzten Jahren hatten die Blind Boys mit Kollaborationen über Grenzen des Genres hinaus ein glückliches Händchen. Allen voran verhalf Ben Harper ihnen zur Rückbesinnung auf die ursprüngliche Kraft ihrer Spiritualität – und ganz nebenbei auch zu vier ihrer fünf Grammys. Justin Vernon kommt jedoch mit den vielen singenden Gästen auf „I’ll Find A Way“ eher vom Weg ab. Die besten Songs sind immer noch die fünf, wo die Blind Boys unter sich den Gesang ausmachen. Wenn jedoch die traute Einigkeit der Alten im Herrn mit Indie-Folks wie Shara Worden, Casey Diesel, Vernon selbst oder Sam Amidon geteilt wird, versandet die raue Botschaft in Nettigkeiten. Mal zeiserln sie niedlich, mal singen sie die Lieder, als blieben deren Inhalte ihnen verborgen: brave Sonntagsschule statt Southern-Gospel. Nur Patti Griffin landet im letzten Song des Albums einen Treffer.
Uli Lemke

Text
Christoph Giese, Uli Lemke
, Jazz thing 102

Veröffentlicht am unter Reviews

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