Jazzpreis Berlin: Alexander von Schlippenbach

Alexander von SchlippenbachAlexander von SchlippenbachSeit 2017 schreiben das Land Berlin und der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) jährlich den Jazzpreis Berlin aus, der mit 15.000 Euro dotiert ist – obwohl der Hauptstadtsender seit der Verrentung von Ulf Drechsel seine Jazzredakteursstelle nicht mehr neu besetzt hat. Zuletzt wurden die Vibrafonistin Taiko Saito 2023, die Sängerin, Pianistin und Komponistin Cymin Samawatie 2022 und der Pianist Hannes Zerbe 2021 mit diesem Preis ausgezeichnet. Vergangene Woche hat die unter anderem mit der Vorjahresgewinnerin Saito, dem Gitarristen Kalle Kalima und dem Musikchef von rbb-Kultur, Dirk Hühner, besetzte Jury den Gewinner 2024 bekannt gegeben: Der 85-jährige Pianist, Komponist und Bandleader Alexander von Schlippenbach darf sich über das Preisgeld von 15.000 Euro freuen.

Von Schlippenbach, 1938 in Berlin geboren, gehört zur ersten Generation des Free Jazz in Europa. In Köln studierte er Ende der 1950er-, Anfang der 1960er-Jahre Komposition an der Hochschule für Musik und Tanz unter anderem bei Bernd Alois Zimmermann, gleichzeitig besuchte er die Jazzklasse von Kurt Edelhagen. Er spielte in den Bands von Gunter Hampel und Manfred Schoof, bevor er 1966 sein Globe Unity Orchestra ins Leben rief, mit dem er gleich im Gründungsjahr bei den Jazztagen Berlin einen veritablen Skandal hatte, zu laut und radikal, zu ungestüm und wild war dessen großformatige Improvisationsmusik.

Von Schlippenbach war zudem Mitgründer der Free Music Production 1969 und brachte 1970 ein Trio mit Paul Lovens (Drums) und Evan Parker (Saxofon) an den Start, das bis 2018 Bestand hatte. Er startete 1988 ein weiteres, frei improvisierendes Großensemble, das Berlin Contemporary Jazz Orchestra, war oftmals in Duos unter anderem mit Sven-Åke Johansson, Sam Rivers und seiner gleichfalls Klavier spielenden Ehefrau Aki Takase zu hören und verarbeitete mit dem Quartett Die Enttäuschung das kompositorische Gesamtwerk Thelonious Monks. Er war 1994 erster Gewinner des „Albert Mangelsdorff Preises“, wurde 2007 mit dem SWR Jazzpreis ausgezeichnet und bekam 2017 den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland verliehen.

„Alexander von Schlippenbach ist in vielfältiger Weise solistisch, im Duo und in größeren Besetzungen aktiv“, heißt es in der Begründung der Jury. „Er kultiviert eine Form des musikalischen Austauschs, der auf höchster Ebene Hören und Emotion, Kalkül und spontane Reaktion miteinander verbindet. Zwölftonmusik und Improvisation sind für ihn keine Gegensätze, zwischen ihnen kreiert er anarchische und poetische Momente. Seine grundlegende Arbeit hat vielen heutigen Künstlerinnen und Künstlern den Weg bereitet. Von der Freiheit, die er sich mühsam gegen Widerstände erkämpfen musste, profitieren bis heute Generationen.“ Preisverleihung und das Preisträgerkonzert im Duo mit dem britischen Schlagzeuger Paul Lytton finden am 3. Juli im Studio 14 des rbb statt.

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Jazzpreis Berlin

Text
Martin Laurentius
Foto
Lutz Voigtländer

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