RIP: Wolfgang Engstfeld

Wolfgang EngstfeldWolfgang EngstfeldAnfang der 1980er-Jahre ist ein Saxofon-Bass-Schlagzeug-Trio auf der Szene erschienen, das mit seiner Besetzung ohne Harmonie-Instrument ein Jahrzehnt lang für Furore sorgen sollte. Wolfgang Engstfeld (Tenorsaxofon), Gunnar Plümer (Bass) und Peter Weiss (Drums) sind mit ihrer Improvisationsmusik einem ganz eigenen Duktus gefolgt, ohne dass die drei Protagonisten ihre tiefe Verwurzelung im Jazz afroamerikanischer Prägung leugnen wollten. Engstfeld/Plümer/Weiss besaß dieses Gespür für zupackenden Swing und hatte ein untrügliches Gefühl für skizzenartig in den akustischen Raum gezeichnete, harmonische Prozesse. Die drei Freunde spielten in der Regel straight-ahead, ließen aber gerne auch mal die Zügel schleifen, wenn es im Flow der gemeinsamen Improvisation notwendig wurde. Vier Platten gab es insgesamt von Engstfeld/Plümer/Weiss: „Direct To Disc“ 1983 und „Drivin‘“ 1985 plus zwei mit dem amerikanischen Trompeter Randy Brecker.

In diesem Trio präsentierte sich der 1950 in Düsseldorf geborene Engstfeld einmal mehr als ausgebuffter Improvisationskünstler. Seine Soli auf dem Tenor folgten einem Melos, das in der Persönlichkeit Engstfelds begründet ist. In seinen Chorussen konzentrierte er sich gerne auf das Sprachliche und Erzählerische, um uns im Publikum an seinen so klar auf den Punkt formulierten Linien endlos teilhaben zu lassen. Seine instrumentalen Eigenschaften und auch ästhetisch-stilistischen Vorlieben zeigte der Saxofonist bereits 1970, als er mit dem Trompeter Uli Beckerhoff die Band Jazztrack ins Leben rief, mit der die beiden aber nicht nur einen akustischen Modern Jazz auf die Bühne brachten, sondern vor allem auch mit den verschiedenen Mixturen aus Jazz und Rock experimentierten. Seitdem hat sich Engstfeld international einen herausragenden Namen erspielt und unter anderem mit Charlie Mariano, Jon Christensen, Jasper van’t Hof, Randy Brecker, Noma Winstone oder Terumasa Hino gearbeitet.

Ab den 1990ern wurde es vielleicht etwas „ruhiger“ um den Saxofonisten. Das hatte einerseits damit zu tun, dass er sich stärker auf die Zusammenarbeit mit Weiss (die beiden Freunde lebten auch im gleichen Haus im Düsseldorfer Stadtteil Oberkassel) konzentrierte, mit dem er viele Jahre im gemeinsamen Engstfeld/Weiss-Quartett spielte, andererseits aber auch damit, dass er 1992 Professor für Saxofon an der Jazzabteilung der Hochschule für Musik und Tanz Köln wurde. In dieser Funktion war Engstfeld verantwortlich dafür, dass Generationen junger Saxofonist/-innen ihr kreatives und auch spieltechnisches Potenzial entdecken und adäquat fortentwickeln konnten. Nach seiner Emeritierung 2016 wurde bei ihm Krebs diagnostiziert. An den Folgen dieser Erkrankung ist Wolfgang Engstfeld am frühen Morgen des 18. Septembers im Alter von 72 Jahren gestorben.

Weiterführende Links
„In Memoriam Wolfgang Engstfeld“: Freunde und Weggefährten erinnern

Text
Martin Laurentius
Foto
Lutz Voigtländer

Veröffentlicht am unter News

jazzfuel