RIP: Dusko Goykovich

Dusko GoykovichDusko Goykovich1958 trat Dusko Goykovich mit der International Youth Band beim Jazz-Festival im amerikanischen Newport auf – nur drei Jahre, nachdem ihn Carlo Bohländer und Jutta Hipp aus Belgrad nach Frankfurt geholt hatten. Ein amerikanischer Radiomoderator fragte den 1931 im bosnischen Jajce im damaligen Jugoslawien geborenen Trompeter, was er gerne in den USA machen würde. Goykovich antwortete frech: „Arrangement und Komposition studieren – in Berklee!“ Zurück in Deutschland hatte er diese Angelegenheit bald wieder vergessen – bis dann ein Brief mit dem Angebot eines Stipendiums für die Kaderschmiede des Jazz, dem Berklee College Of Music in Boston, bei ihm im Briefkasten lag.

„Ich hatte in Frankfurt im Jazzkeller gespielt, zufällig mit Stan Getz, Art Farmer und Oscar Pettiford“, erinnert er sich im Gespräch mit Götz Bühler für die Jazz-thing-Artikelserie „European Jazz Legends“. „Beim Frühstück am Imbiss zeigte ich denen den Brief: ,Die schreiben, dass ich Empfehlungen brauche.‘ Stan Getz nahm eine der Speisekarten mit seinen fettigen Fingern, drehte sie um und schrieb: ,I think this young man is very talented‘ und signierte das. Dann schrieb Art Farmer dazu: ,As a trumpet player, I think he should come to Berklee.‘ Oscar zeichnete einen Pfeil zu diesen beiden Statements und schrieb: ,I agree.‘ Ich habe diese Speisekarte voller Senf und Bierflecken genommen und zusammen mit einer meiner ersten Platten, auf der Kenny Clarke mein Sideman war, in die USA geschickt. Es kam zurück: ,Sie können kommen, wann Sie wollen.‘“ 1961 begann er bei Herb Pomeroy in Boston zu studieren.

Nach seinem Studium blieb Goykovich noch für eine Weile in den USA. Er wurde von Maynard Ferguson engagiert, freundete sich mit Chet Baker an und bekam als Komponist und Arrangeur seinen Ritterschlag im Orchester von Woody Herman. „,Woody’s Whistle‘, das ich für ihn schrieb, hat er noch jahrelang gespielt“, so Goykovich. „Woody trug diese Pfeife um den Hals. Wenn wir wischen den Sets Pause hatten, vielleicht in Vegas, saßen wir Musiker an der Bar. Dazwischen spielten vielleicht Sarah Vaughan und Billy Eckstine. Wenn wir wieder dran waren, nahm Woody seine Pfeife raus und blies einmal rein – schon wussten alle: Es geht weiter!“

1966 kehrte Goykovich nach Deutschland zurück – zuerst nach Köln, wo er das stilprägende Album „Swinging Macedonia“ aufnahm, unter anderem mit Mal Waldron und Peter Trunk. „Ich spiele da Ballads, Blues, Bebop – und Balkan Jazz. Der Begriff steht seitdem sogar im Lexikon“, so Goykovich lapidar. Seit 1968 hat der Trompeter dann in München gelebt. Weder ausschließlich auf Mainstream noch auf Balkan Jazz ließ sich aber dieser ausgebuffte Melodiker und Improvisationskünstler reduzieren. Vielmehr liebte er es, sich in an Jazz angrenzenden Gattungen und Genres wie Soul und Funk ausgiebig umzutun, zuletzt war Latin-Jazz sein Steckenpferd. Und so sehr er international als Solist anerkannt war, so sehr wurde er auch ein wichtiger Mentor für aufstrebende und junge Jazzmusiker/-innen.

1998 wurde Goykovich mit dem Schwabinger Kunstpreis ausgezeichnet, 2014 würdigte ein ECHO Jazz sein Lebenswerk und 2015 bekam er den Münchner Musikpreis verliehen. „Er gilt als Souverän aller Spielklassen, dem es bei aller Virtuosität und musikalischer Kompetenz trotzdem niemals wichtig war, als der Weltstar gefeiert zu werden, der er eigentlich ist. Und er lässt es sich weiterhin nicht nehmen, regelmäßig mit seiner Trompete in Münchner Clubs oder an der Hochschule zu erscheinen, um die anderen an seiner Kunst und seinen Erfahrungen teilhaben zu lassen“, hieß es damals in der Jurybegründung. Am 5. April ist Dusko Goykovich im Alter von 91 Jahren in München gestorben.

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Martin Laurentius
Foto
Lutz Voigtländer

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