Schweiz: Ambrosetti Jazz Award für Daniel Humair

Daniel HumairDaniel HumairIn diesem Jazz-Piano-Trio mit dem Deutschen Joachim Kühn, dem Franzosen Jean-François Jenny-Clarke und dem Schweizer Daniel Humair kulminierte ab 1985 vieles von dem, was Jazz und improvisierte Musik aus Europa auszeichnet: eine offene Haltung gegenüber der afroamerikanischen Tradition dieser Gattung, ein bewusster Umgang mit dem eigenen musikkulturellen Terroir und ein gleichermaßen polyglottes wie idiosynkratisches Vokabular, um ästhetische Gräben zu überbrücken und stilistische Grenzen zu überwinden. 13 Jahre lang bildete diese Troika so etwas wie die Antipode zum amerikanischen Bill Evans Trio, dessen antizipierender Spielauffassung die drei Europäer ein hochenergetisches Powerplay entgegensetzten. Im Ergebnis kamen die drei Musiker dem Ideal eines musikalischen Diskurses dreier gleichberechtigter Partner genauso nahe wie das Evans-Trio und brachten das gleichschenklige Dreieck mit den Eckpunkten Piano, Bass, Drums zum Kreiseln.

Im Joachim Kühn Trio war Humair der Älteste. 1938 in Genf in der französischen Schweiz geboren, zog er als 20-Jähriger nach Paris, wo er zum gefragten Schlagzeuger für die Tournee-Bands vieler amerikanischer Musiker wurde – wie beispielsweise Chet Baker, Kenny Dorham, Jackie McLean oder Bud Powell. Schon 1959 rief er auch mit dem Pianisten Martial Solal eine eigene Band ins Leben, spielte 1965 auf Attila Zollers Album „The Horizon Beyond“ mit und war ab 1968 Schlagzeuger der European Rhythm Machine des amerikanischen Altsaxofonisten Phil Woods. Fast schien es so, dass viele der Bands und Projekte, in denen Humair bis 1985 mitwirkte (mit George Gruntz, Henri Texier, Anthony Braxton, Johnny Griffin usw.), geradezu logisch zum Joachim Kühn Trio hinführten. Auch im Alter von 82 Jahren hat der Schlagzeuger (der übrigens seit den 1960ern gleichfalls ein äußerst produktiver und kreativer bildender Künstler ist) nichts von seiner kreativen Neugier verloren – wohl auch deshalb ist er zum Mentor für viele Musiker*innen der jüngeren Generation geworden. Humair wird dieses Jahr mit dem mit 10.000 Schweizer Franken dotierten „Franco Ambrosetti Jazz Award“ ausgezeichnet. Preisverleihung und Preisträgerkonzert finden im November in Zürich statt.

Text
Martin Laurentius

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Bezau Beatz