RIP: Stanley Cowell

Stanley CowellStanley CowellÜblicherweise nennt man einen Pianisten wie Stanley Cowell einen „Musician’s musician“; also jemand, der als professioneller Jazzmusiker für Konzerttourneen und Studioproduktionen engagiert wird, weil er durch sein „Comping“ eine Band gut klingen lässt, aber spielerisch so eigen ist, dass in jeder ihm gestellten Aufgabe auch und gerade seine kreative Persönlichkeit deutlich zu Tage tritt. Für Cowell hat das zeitlebens bedeutet, dass für ihn die Interpretation fremden Materials Teil seines improvisatorischen Konzepts ist, um es so zu seiner eigenen Stimme zu formen, nachdem er es sich einverleibt hatte.

Als Cowell, 1941 in Toledo, Ohio, geboren, Anfang der 1960er nach New York kam, hatte er die Leistungen der Altvorderen im modernen, amerikanischen Jazz verinnerlicht, begleitete Sängerinnen bei ihren „Auditions“ für die Broadway-Musicals und arbeitete in den ersten Jahren häufig für den Multiinstrumentalisten Rahsaan Roland Kirk. „Wir spielten alles: von Swing über Avantgarde bis zu Pop-Songs, und hatten jede Menge Spaß dabei“, so Cowell im Gespräch mit Arne Reimer für das Buch „American Jazz Heroes. „Kirk blies in die Nasenflöte, bediente gleichzeitig die Musicbox und redete während des Konzerts viel. Manchmal war es mir fast zu viel an Showeffekten, aber er war der Bandleader, und ich habe viel von ihm gelernt.“

Ende der 1960er-Jahre wurde er für die Band des Schlagzeugers Max Roach engagiert. Dort lernte er den Trompeter Charles Tolliver kennen. Die beiden Musiker wurden Freunde und gründeten 1971 ihre Plattenfirma Strata-East, um ihre eigene Musik zu veröffentlichen und unabhängig von den großen Record-Companies zu sein. Ab 1973 spielte er rund zehn Jahre in der Band der Heath Brothers, danach konzentrierte er sich auf seine Lehrtätigkeit, erst am Lehman College in New York, ab 2000 am Music-Department der renommierten Rutgers University.

Als Pianist arbeitete er zuletzt oft im Trio mit Nasheet Waits (Drums) und Tarus Mateen (Bass). „Auf der einen Seite spiele ich gerne konventionelle Sachen, auf der anderen Seite auch sehr gerne frei“, sagt Cowell. „Mit Nasheet und Tarus ist das möglich. Sie wissen, wie man die herkömmliche Struktur eines Songs auf interessante Weise aufbrechen kann. Dazu muss man eine freie innere Haltung haben und wissen, wie man in die Struktur reinkommt, aber auch, wie man wieder herauskommt.“ Am 17. Dezember ist Cowell im Alter von 79 Jahren gestorben.

Text Martin Laurentius

Text
Martin Laurentius
Foto
Arne Reimer

Veröffentlicht am unter News

Mr. M's Jazz Club Festival 2024