RIP: Geri Allen

Zum Tode von Geri AllenGeri AllenAls führende Pianistin ihrer Generation ging sie aus dem Brooklyner Musikerkollektiv M-Base hervor, dem sie sich Mitte der 1980er-Jahre anschloss. Mit Steve Coleman machte sie zahlreiche Aufnahmen, darunter „Motherland Pulse“ (1985), die ihren Mut und Hang zum Experiment dokumentierten. Geri Allen wurde am 12. Juni 1957 in Pontiac, Michigan, geboren. Sie studierte Musik an der Howard University in Washington und Musikethnologie in Pittsburgh. Zu ihren wesentlichen Einflüssen gehörten Marcus Belgrave und Kenny Barron. Sie wirkte an verschiedenen CDs von Belgrave mit, auch die Zusammenarbeit mit Betty Carter (1993) war für Allen wichtig. Herausragend ist ihre Soul-Note-CD „Etudes“ (1988) mit Paul Motian und Charlie Haden; bei den Aufnahmen von Charlie Hadens Liberation Music Orchestra, 1989 beim Jazzfestival in Montreal mitgeschnitten, war sie ebenfalls dabei. Mitte der 1990er-Jahre wurde sie Pianistin im Quartett von Ornette Coleman, das vorher über drei Jahrzehnte lang ohne Piano ausgekommen war. Auf ihrer letzten Aufnahme für Blue Note, „Eyes In The Back Of Your Head“ (1995), machte sie die Sensation perfekt: Coleman war nun wieder auf einem Blue-Note-Album zu hören und das auch noch in der für ihn ungewohnten Rolle des Gaststars. Ihr Debüt beim Verve-Label, „The Gathering“ (1998), war nur von kurzer Dauer, da sie Opfer einer hauseigenen Entlassungswelle wurde: Die neustrukturierte Verve Music Group reduzierte ihren Künstlerstamm damals um die Hälfte.

Beim New Yorker Winter-Jazzfest 2015 feierte das Power Trio mit Allen, David Murray und Terri Lyne Carrington Premiere, die Aufnahmen zur Motema-CD „Perfection“ fanden kurz nach dem Tod Colemans im Sommer 2015 statt. Vijay Iyer beschreibt Geri Allen als seine größte musikalische Heldin und würdigt ihren unermesslichen Einfluss auf seine Generation; besonders hebt Iyer diesbezüglich Craig Taborn, Jason Moran, Ethan Iverson, Courtney Bryan, Orrin Evans und Kris Davis hervor. In seinem Facebook-Nachruf resümiert Iyer: „Geri was a powerful innovator in modern music and a visionary pianist. She was also a scholar and historian of African American music, a community organizer, an institution builder, a feminist, a deeply committed and big-hearted educator, and a quietly determined leader. As a musician she was a conduit for spiritual truths and healing energies.“

Nach ihrer Scheidung von dem Trompeter Wallace Roney lebte Geri Allen mit ihren drei Kindern Laila Deen, Wallace Vernell und Barbara Ann in New York. Vor vier Jahren zog sie nach Philadelphia um, wo sie am 27. Juni an den Folgen einer Tumorerkrankung starb. Im Mai war sie noch mit dem Trompeter Enrico Rava auf Europatournee gewesen. An der University of Pittsburgh leitete Allen den Fachbereich Jazz Studies, für Juli 2017 war sie am New Jersey Performing Arts Center als künstlerische Leiterin der einwöchigen „Female Jazz Residency“ angekündigt. Erst vor zwei Wochen war Geri Allen 60 Jahre alt geworden.

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Geri Allen

Text
Christian Broecking
Foto
Rob Davidson

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