RIP: Ronald „Shannon“ Jackson

Ronald Shannon JacksonAm 19.10. gestorben: Ronald Shannon JacksonEs waren zwei Platten mit Ornette Coleman in der ersten Hälfte der 1970er-Jahre, mit denen Ronald „Shannon“ Jackson seinen Ruf als innovativer Jazzschlagzeuger festigen konnte, der das „harmolodische System“ Colemans verinnerlicht und durch Funk- und Rock-Grooves erweitert hatte. Auf „Dancing In Your Head“ 1973 und „Body Meta“ 1975 brachte Jackson dem Free Jazz eines Coleman und dessen harmonischen und melodischen System das Tanzen bei: indem er es mit Funk und Blues infizierte und es dadurch, dass er den Rhythmus der „harmolodischen“ Musik Colemans auf die Tom-Toms, Bass- und Snare-Drum verlegte, eine Basis gab. Wie andere Coleman-Alumni auch – James „Blood“ Ulmer etwa, oder Jamaaladeen Tacuma – setzte er diesen Weg konsequent fort. Allen voran mit seiner flexibel besetzten Gruppe Decoding Society, mit der er in den 1980er-Jahren richtungsweisende Alben veröffentlichte – wie zum Beispiel „Nasty“ und „Street Priest“, unter anderem mit dem Gitarristen Vernon Reid und dem Bassisten Melvin Gibbs.

Free-Funk bzw. Punk-Jazz nannte in dieser Zeit die Kritik diesen jazzmusikalischen „Bastard“ eines Jackson und seiner Decoding Society. „Dabei werden die Improvisationsprinzipien des Free Jazz Colemanscher Prägung mit erdigen Funkrhythmen unterlegt, was zu einer tanzbaren Avantgardemusik gerät“, versuchte damals die „Neue Zürcher Zeitung“ die ekstatisch-eklektische Mixtur von Jackson und seinen Weggefährten zu beschreiben. Hymnische, breit angelegte Themen lieferten in der Regel den Impuls für die oft kollektiv vorgetragenen Improvisationen der Musiker der Decoding Society. Doch so abgehoben deren verwinkelte, oft tonal freie Jazzmusik auch war, durch Jacksons gleichermaßen kraftvolles wie fleischiges Spiel auf dem Schlagzeug (zeitweise mit Double-Bassdrum bestückt) bekam diese eine Erdung und wurde in der Geschichte der afroamerikanischen Musikkultur verankert. Nachdem Jackson Ende der 1980er noch einmal mit zwei Power-Bands – Last Exit mit Bill Laswell, Peter Brötzmann und Sonny Sharrock sowie Power Tools mit Melvin Gibbs und Bill Frisell – für Furore gesorgt hatte, zog er sich später krankheitsbedingt aus der Jazzszene zurück. Vor rund zehn Jahren waren dann wieder „musikalische“ Lebenszeichen von diesem einstmals stilbildenden Schlagzeuger zu hören. Ein Höhepunkt seines Comebacks sollte sein Auftritt mit Reid und Gibbs auf dem moers festival 2011 werden. Doch am Abend zuvor wurde Jackson nach einem Herzinfarkt in ein Duisburger Krankenhaus eingeliefert, das er nur auf eigenes Risiko und in ärztlicher Begleitung verlassen durfte, um das Konzert im Festivalzelt von Moers spielen zu können. Am 19. Oktober ist Ronald „Shannon“ Jackson nun 73-jährig an den Folgen seiner Leukämie-Erkrankung gestorben.

Weiterführende Links:
Ronald „Shannon“ Jackson

Text
Martin Laurentius

Veröffentlicht am unter News

Leipziger Jazztage 2024