RIP: George Gruntz

George GruntzGeorge Gruntz beim Festival Da Jazz in St. Moritz 2011St. Moritz, im Sommer 2011: Gut gelaunt sitzt George Gruntz am Flügel im Club Dracula und eröffnet beim Schweizerischen Festival Da Jazz hoch oben in den Graubündener Alpen „seine Jubiläumsspielzeit“, die im Jahr darauf mit seinem 80. Geburtstag am 24. Juni enden sollte. Ganz Charmeur alter Schule plaudert er mit dem Publikum und zeigt sich als Pianist spieltechnisch auf der Höhe. Fesselnd wird das Konzert, als der fast 50 Jahre jüngere Geigenvirtuose Tobias Preisig die Bühne betritt. Der fordert seinen musikalischen Ziehvater geradezu heraus – mit ihrem antizipierenden Zusammenspiel lassen die zwei „Wesensverwandten“ das Konzert zu einem denkwürdigen Abend werden.

Zwei Ereignisse prägten die Karriere von Gruntz: Anfang der 1970er gründete er seine Concert Jazz Band, ein loser Zusammenschluss improvisierender Musiker aus Europa und den USA. Zur gleichen Zeit wurde er zum künstlerischen Leiter der Berliner Jazztage berufen, in der Nachfolge von Joachim-Ernst Berendt. Mit seiner Concert Jazz Band schuf er eine orchestrale Jazzmusik, die sich wenig um stilistische Grenzen scherte, und durch seine Arbeit als Programmmacher wurden die Jazztage international zu dem Festivalereignis schlechthin. Zudem war Gruntz Verfasser vieler Werke im Zwischenbereich von Improvisierter und Neuer Musik, arbeitete unter anderem mit den Komponisten Rolf Liebermann und Hans Werner Henze zusammen und verantwortete die ein oder andere Jazzoper.

Im vergangenen November ist Gruntz noch einmal nach New York gereist, um dort neue Stücke aufzunehmen. Eines seiner letzten Konzerte vor seinem Tod am 10. Januar 2013 absolvierte er mit seinem „Ziehsohn“, Tobias Preisig. „George war ein Vorbild, Förderer und Inspirator“, so der Geiger, „trotz des 50-jährigen Altersunterschied erforderte unser Zusammenspiel nie eine Erklärung. Seine kindliche Neugier, sein jugendlicher Charme und sein immenser musikalischer ,Rucksack‘ waren stets ansteckend und wegweisend für mich.“ Text: Martin Laurentius

Foto
Giancarlo Cattaneo

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