Film: Sing! Inge, sing!

Inge BrandenburgFilm-Doku: 'Sing! Inge, sing! Der zerbrochene Traum der Inge Brandenburg'Sucht man zum Beispiel im „ro ro ro Jazz-Lexikon“ von Martin Kunzler, so findet man keinen Eintrag zu Inge Brandenburg. Gründe dafür, dass diese deutsche Jazzsängerin offensichtlich in Vergessenheit geraten ist, gibt es zuhauf. Als Brandenburg in den 1950er-Jahren die Jazzszene betrat, überraschte sie nicht nur mit ihrem dunkel getönten Timbre und ihrer an Billie Holiday erinnernden Phrasierung. Vielmehr waren es ihre persönlichen Probleme – wie beispielsweise ihre Alkoholabhängigkeit oder ihre diversen Männergeschichten –, mit denen sie in der bundesrepublikanischen Nachkriegsgesellschaft aneckte. Auch wenn Brandenburg von der deutschen Schlager-Tonträger-Industrie in den 1960ern vereinnahmt wurde, so pochte sie dennoch darauf, Blues à la Holiday singen zu wollen. Die Konflikte zermürbten sie zunehmend, sodass sie sich verbittert aus der Szene zurückzog.

Der deutsche Filmemacher Marc Boetcher hat sich des Themas angenommen und eine Doku über Brandenburg produziert. „Sing! Inge, sing! Der zerbrochene Traum der Inge Brandenburg“ erzählt die teils dramatische Lebensgeschichte der Vokalistin: von einer selbstbewussten Jazz-Künstlerin, die vor 50 Jahren auch international wahrgenommen wurde, von den Emanzipationsversuchen einer jungen Frau, die sich aus der Enge und dem Mief der deutschen Nachkriegsgesellschaft befreien wollte, vom Kampf eines Menschen gegen Sucht und psychische Probleme. Zu Wort kommen in dem sehenswerten Film Freunde und Weggefährten – wie beispielsweise Wolfgang Dauner, die Mangelsdorff-Brüder Albert und Emil, Slide Hampton oder Klaus Doldinger.

„Nebenbei wird hier auch am Beispiel Inge Brandenburgs eine kleine Kulturgeschichte der populären Musik im Nachtkriegsdeutschland ausgeführt – wobei das mangelnde Interesse der Deutschen an gutem Jazz und die ständigen Lockungen durch den Schlagerkommerz die Leitmotive sind. Erzählt wird aber auch die tragische Geschichte einer extrem komplexen und widersprüchlichen Frau, die so kompromisslos für ihre Art von Musik eintrat, dass sie schließlich nicht nur kommerziell scheitern musste“, heißt es in der Begründung der Filmbewertung Wiesbaden für das „Prädikat Wertvoll“. Nachdem „Sing! Inge, sing! Der zerbrochene Traum der Inge Brandenburg“ beim Internationalen Filmfest Emden 2011 Premiere hatte, läuft Boetchers Film-Doku ab dem 27. Oktober in deutschen Programmkinos an.

Veröffentlicht am unter News

Deutscher Jazzpreis 2024