Rabih Abou-Khalil

Trouble In Jerusalem

(enja/edel Kultur)

Rabih Abou-Khalil - Trouble In JerusalemJahrzehntelang galt der 1922 gedrehte Stummfilm „Nathan der Weise“ von Manfred Noa als verschollen. Dieser 124-minütige Klassiker überträgt Gotthold Ephraim Lessings „dramatisches Gedicht“ in eine expressionistische, frühe Filmsprache. Erst 1996 wurde in Moskau eine Kopie entdeckt und daraufhin restauriert. 2009 fand die Weltpremiere der bearbeiteten Fassung statt – mit einer neu komponierten Musik von Rabih Abou-Khalil, die jetzt als „Trouble In Jerusalem“ auf CD vorliegt, eingespielt von seinem Trio mit ihm selbst (Oud), Michel Godard (Tuba und Serpent), Jarrod Cagwin (Rahmentrommel) und Mitgliedern des Bundesjugendorchesters. Doch Abou-Khalils sechsteilige Filmmusik ist keine Verdoppelung der Handlung. Vielmehr ist sie ein „Miterzählen“, eine atmosphärische Erweiterung des Filmstoffs – auch und gerade deshalb, weil er Lessings Vorlage aus arabischer Perspektive neu deutet. Der Wechsel von Orchester-Tutti und Solo-Passagen strukturiert den musikalischen Prozess, mal setzt Abou-Khalil auf kontrastierende Wirkung, mal lässt er die Orchestermusiker die Ideen der Solisten aufgreifen und durchführen – und umgekehrt. Eine eigentümliche Wirkung bekommt die Filmmusik aber dadurch, dass sie fast durchweg einstimmig ist und nur selten von polyphonen Passagen gleichsam als kurzen Interludes durchbrochen wird. Den jungen Musikern des Bundesjugendorchesters hat Abou-Khalil jedenfalls schweren Stoff auf die Notenpulte gelegt – den sie mit Bravour gemeistert haben.

Text
Martin Laurentius
, Jazz thing 87

Veröffentlicht am unter Reviews

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