30 Jahre Stunt Records

Frischer Blick

„Die Auswahl zu treffen war natürlich nicht leicht“, erläutert Friis, der zusammen mit dem Inhaber Peter Littauer (siehe Jazz thing #90) das Label seit Jahren leitet. „Sollten wir nur die absoluten Highlights aussuchen oder eine heutige Perspektive einnehmen? Schließlich haben wir uns für einen frischen Blick entschieden und gegen eine ‚historisch wertvolle‘ Auswahl.“

Stunt Records 1983-2013 (Cover)Von Beginn an war Stunt ein Hafen für skandinavische Jazzmusiker, aber auch die Amerikaner wie Horace Parlan, Billy Hart, Kenny Werner, Marc Johnson oder Phil Woods haben gern für die Talentschmiede in Kopenhagen aufgenommen. Das hat seit den 60er-Jahren Tradition in Dänemark, denn wegen dessen toleranter und entspannter Haltung strömten schon damals Musiker wie Dexter Gordon, Ben Webster oder Roland Kirk in das kleine skandinavische Land. Congratulations, Stunt Records – für welche Bandbreite das Label heute steht beweist unsere Jubiläums-CD.

Christina Dahl (Foto: Morten Abrahamsen)Christina Dahl: „Will You Make My Soup Hot And Silver“ aus dem Album „Heartbeats“ (2003) Das Album „Heartbeats“ war der erste Ausflug von Saxofonistin Christina Dahl in Funk- und Soul-gefilde. Das Album entstand weitgehend in Zusammenarbeit mit ihrem damaligen Ehemann Carsten Dahl, der hier sowohl am Schlagzeug als auch an Klavier und Keyboards zu hören ist.

Jerry Bergonzi & Carl Winther (Foto:Antonio Porcar)Carl Winther Quartet: „The Out Society“ aus dem Album „Sonic Shapes“ (2011) Zur jungen Generation gehört der Pianist Carl Winther, Sohn des verstorbenen legendären Trompeters Jens Winther. Mit dem Bassisten Joel Illerhag und dem Schlagzeuger Anders Morgensen kam er als Trio zusammen, auf „Sonic Shapes“ messen sie ihre Kräfte mit dem amerikanischen Saxofonveteranen Jerry Bergonzi – eine Begegnung auf Augenhöhe.

Uffe Steen (Foto: Poul Hamman)Uffe Steen: „Mac-Riff“ aus dem Album „Play“ (2001) Hier werden keine Gefangenen gemacht: Der Gitarrist Uffe Steen, zur Entstehungszeit von „Play“ schon ein bekannter Name in Dänemark, gibt dem Fusion-Sound einen saftigen Tritt ins 21. Jahrhundert. Mit dem Bassisten Lennart Ginman und dem amerikanischen Schlagzeuger Adam Nussbaum hat er dafür genau die richtigen Mitstreiter gefunden.

Ed ThigpenEd Thigpen: „Sweet Mama“ aus dem Album „The Element Of Swing“ (2001) Der amerikanische Schlagzeuger Ed Thigpen gehört zu den US-Musikern, die ihr Glück in Dänemark gefunden haben – er lebte bis zu seinem Tod vor drei Jahren in Kopenhagen. Für sein Album „The Element Of Swing“ konnte er mit Joe Lovano einen sehr prominenten Mitstreiter gewinnen. Jazz thing beschrieb die Band bei Erscheinen des Albums übrigens als „kompakt swingende Einheit“.

KiraKira: „My Man“ aus dem Album „Memories Of Days Gone By“ (2012) Von ungewöhnlicher Seite beleuchtete die Sängerin Kira Skov die Songs der Jazzikone Billie Holiday, denn mit ihren Bands Kira and the Kindred Spirits und Ghost Riders war sie zuvor eigentlich eher in Independent-Gefilden unterwegs gewesen. Doch seit sie mit dreizehn Jahren eine Platte von Billie Holiday in einem Second-Hand-Laden entdeckte, ist sie fasziniert von der legendären Sängerin.

George GarzoneGeorge Garzone: „Alone“ aus dem Album „Among Friends“ (2009) Eine Traumband konnte der amerikanische Saxofonist George Garzone für sein Album „Among Friends“ ins Studio holen. Zu dem Bassisten Andersen Christensen gesellten sich US-Pianist Steve Kuhn und die mittlerweile verstorbene Schlagzeuglegende Paul Motian. Klar, dass die vier Veteranen sich hauptsächlich im unteren Tempobereich herumtreiben.

Diego FigueiredoDiego Figueiredo: „Berimbau“ aus dem Album „Dadaio“ (2009) George Benson nannte ihn „einen der großartigsten Gitarristen, die ich je in meinem Leben gesehen habe“. Ähnlich äußerten sich Al di Meola und Pat Metheny, und was den Brasilianer so einzigartig macht, ist auf dieser Trioaufnahme mit Rodolfo Stroeter am Bass und Robertinho Silva am Schlagzeug leicht nachzuvollziehen.

Bobo MorenoBobo Moreno: „Another Grey Morning“ aus dem Album „Dreamsville“ (2013) Zu den profiliertesten männlichen Stimmen im Jazz zählt vor allem seit seinem letzten Album „50 Ways To Leave Your Lover“ Bobo Moreno. Mit seinem bewährten Trio, zu dem sich der Schlagzeuger Adam Nussbaum gesellt, singt sich Moreno auf dem Nachfolgewerk „Dreamsville“ durch Soulklassiker, Jazzstandards, eigene Songs – und das melancholische „Another Grey Morning“ von James Taylor.

Bob RockwellBob Rockwell: „I Like It Here“ aus dem Album „Bob’s Wilder“ (2002) Der Komponist Alec Wilder wird vor allem von amerikanischen Jazzmusikern bewundert. Keith Jarrett und Frank Sinatra haben seine Songs aufgenommen. Da hielt es der Tenorist Bob Rockwell für eine gute Idee, mal ein ganzes Album mit Wilder-Songs aufzunehmen und das volle Scheinwerferlicht auf sie zu richten. Mit einem Quintett aus dänischen und schwedischen Musikern zeigt er, wie umfassend Wilders Universum ist.

Etta CameronEtta Cameron: „What A Wonderful World“ aus dem Album „Etta“ (2010) Die Gospelsängerin Etta Cameron, die eigentlich von den Bahamas stammt, hatte in ihrer zweiten Heimat Dänemark eine stattliche Fangemeinde gewonnen. Kurz vor ihrem Tod nahm sie zusammen mit ihrem langjährigen Pianisten Nikolaj Hess eine Sammlung von Jazzballaden auf. Songs wie „Careless Love“ oder eben „What A Wonderful World“ strahlen in Camerons Fassung eine ganz besondere Magie aus.

Kristian JorgensenKristian Jörgensen Quartet: „The Stuffed Monk“ aus dem Album „Meeting Monty“ (2001) Kristian Jörgensen gehört zu der raren Spezies der Jazzgeiger. Von seinen instrumentalen Fähigkeiten zeigte sich der jamaikanische Pianist Monty Alexander so begeistert, dass er gleich ein ganzes Album mit Jörgensens Quartett aufnahm. Wer von „The Stuffed Monk“ keine gute Laune kriegt, ist selbst schuld.

Hans UlrikHans Ulrik & Lars Jansson Trio: „Horace“ aus dem Album „Equilibrium“ (2013) Der schwedische Pianist Lars Jansson hält sein Trio schon seit knapp dreißig Jahren zusammen. Saxofonist Hans Ulrik gehört seit Jahren zum festen Inventar von Stunt Records. Wenn diese vier Musiker aufeinander treffen, sprühen die Funken – was ein dynamischer Song wie „Horace“ zweifelsfrei beweist.

Nicolai Munch-HansenNicolai Munch-Hansen: „Levon“ aus dem Album „Aeter“ (2013) Der Bassist Nicolai Munch-Hansen tanzt auf vielen Hochzeiten und ist schon musikalischer Partner von John Tchicai oder Kira Skov – siehe auch deren Track „My Man“ auf dieser CD – gewesen. Auf seinem dritten Soloalbum macht er sich die starke Bläser-Frontline aus dem amerikanischen Saxofonisten Ned Ferm und dem dänischen Posaunisten Mads Hyhne zunutze.

Sam Rivers (Foto: Gorm Valentin)Sam Rivers: „In Search Of Black Benny“ aus dem Album „Purple Violets“ (2004) Katalysator dieser Band war der dänische Drummer Kresten Osgood, der den damals achtzigjährigen Saxofonisten Sam Rivers zu einer Session nach New York bat. An ihrer Seite waren der Bassist Ben Street und Bryan Carrott am Vibrafon. Wie viele andere Stücke des Albums, entstand auch „In Search Of Black Benny“ spontan im Studio. Die Sessions waren so fruchtbar, dass sie ein zweites Album nach sich zogen.

Eliel LazoEliel Lazo: „Habana“ aus dem Album „El Conguero“ (2012) Seit fünf Jahren ist der kubanische Perkussionist Eliel Lazo ebenfalls in Kopenhagen zu Hause. Wie fruchtbar die Zusammenarbeit von kubanischen und dänischen Musikern sein kann, demonstriert Lazo auf „El Conguero“, an dessen Aufnahme übrigens auch Chucho Valdes (siehe Jazz thing #99) beteiligt war.

Scott HamiltonScott Hamilton: „Dear Old Stockholm“ aus dem Album „Swedish Ballads … And More“ (2012) Zu den großen Jazzstandards gehört „Dear Old Stockholm“, seit Stan Getz und Miles Davis es in den 50er-Jahren aufgenommen haben. Auch der amerikanische Saxofonist Scott Hamilton kann sich dem Ohrwurm nicht verschließen – und er hat mit dem Pianisten Jan Lundgren einen echten Schweden an seiner Seite.

Stefano BollaniJesper Bodilsen Trio: „Liten Karin“ aus dem Album „Mi Ritorni In Mente“ (2004) Das dürfte sich für viele wie ein Pianotrio anhören, doch Bandleader ist der Bassist Jesper Bodilsen, der mit dem Pianisten Stefano Bollani und dem Schlagzeuger Morten Lund erstklassige Musiker an seiner Seite hat. „Liten Karin“ ist ein schwedischer Folksong, mit dem das Album „Mi Ritorni In Mente“ auf einer ganz leichten Note ausklingt.

Malene MortensenMalene Mortensen: „Aarestrup I Marts“ aus dem Album „Malene“ (2007) Sängerin Malene Mortensen lässt sich nicht in Schubladen sperren: Die Dänin hat schon Popsongs, aber auch klassischen Jazz gesungen. Auf ihrem dritten Album „Malene“ überwog letzterer, und es waren illustre Musiker wie Chris Potter und Mike Stern zu Gast. Beim abschließenden „Aarestrup I Marts“ lässt sie sich aber ganz schlicht von Magnus Hjorth am Klavier begleiten.

Veröffentlicht am unter 100, Heft

Deutscher Jazzpreis 2024