Cæcilie Norby

Zwei Sorten Cops

Stücke von Satie, Ravel und Fauré zu spielen und mit eigenen Texten zu versehen, dazu gehört schon eine gewisse Chuzpe. Die dänische Sängerin Cæcilie Norby hat sie nicht nur aufgebracht, sondern konnte mit dem Ergebnis auch die deutsche Plattenfirma ACT überzeugen. Und so ist „Arabesque“ (erscheint Ende Januar 2011; Vertrieb: edel Kultur) Cæcilie Norbys ACT-Debüt.

Caecilie NorbyCæcilie Norby kann bereits auf eine lange und erfolgreiche Karriere zurückblicken. Ihr Jazzdebüt (da hatte sie bereits eine Karriere als Popsängerin hinter sich) gab sie 1995 auf Blue Note – Chick Corea sowie Michael und Randy Brecker standen ihr auf diesem und dem Folgealbum zur Seite. Nach ihrem dritten Album „Queen Of Bad Excuses“ wurde sie bereits als eine Mischung aus Nancy Wilson und Joni Mitchell beschrieben.

Danach ging Cæcilie Norby zur dänischen Sony, in Deutschland wurden ihre Platten fortan bei Enja herausgebracht. Mit „Arabesque“ ändert sich das wiederum.

„Sony wollte das Album schon herausbringen“, erzählt die Sängerin, „aber mein Vertrag war ausgelaufen, und ich dachte, ich probiere mal eine neue Firma aus. Sony kann außerhalb Dänemarks einfach wenig für mich tun. Als ich noch bei Blue Note war, konnte ich oft in Deutschland auftreten – die Leute kennen die Blue-Note-Platten immer noch. Die Platten, die ich für Sony gemacht habe, sind leider nicht so bekannt – und das liegt daran, dass die dänische Sony schlechte europäische Verbindungen hat. Sie haben auch kein spezifisches Jazzlabel. Ich wollte ein Label, das mit dem Künstler zusammenarbeitet, und das scheint mir bei ACT gegeben zu sein.“


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Ihr Koproduzent und musikalischer Mittäter, der Cellist, Bassist und Gitarrist Lars Danielsson, stellte die Verbindung her – da war „Arabesque“ allerdings schon fertig. Das Album hatte eine schwere Geburt.

„Es gab vier bis fünf verschiedene Projekte, die ich gerne machen wollte“, meint Cæcilie Norby. „Ich hatte den Klang von Bugge Wesseltoft, Lars Danielsson und Palle Mikkelborg im Kopf. Aber darüber hinaus war es sehr schwierig, in Worte zu fassen, was mir vorschwebte. Ich dachte an Satie und an Gedichte, die ich vertonen wollte – aber Lars konnte nichts damit anfangen. Es dauerte dann sehr lange, bis ich klar machen konnte, was ich wollte. Mit Palle Mikkelborg habe ich mich ebenfalls stundenlang unterhalten.“

Die klassische Musik von Erik Satie, Maurice Ravel, Claude Débussy und Gabriel Fauré hatte es Cæcilie Norby angetan – und das nicht ohne Grund.

„Meine Mutter war Opernsängerin, mein Vater Komponist“, schildert sie ihre Herkunft, „deshalb habe ich all diese klassische Musik im Kopf. Aber jeder sagte mir, dass das nicht gehe. Die Jazzpolizei würde meckern und die klassische Polizei auch, ich hätte zwei Sorten Cops auf den Fersen. Aber irgendwann kam ich zu dem Entschluss, dass mich das eigentlich überhaupt nicht kümmert, und habe losgelegt. Lars hatte diese Probleme mit seiner Musik ja auch.“

Die Zusammenarbeit mit dem Gatten besteht schon lange Zeit. Ist es nicht merkwürdig, der Boss des eigenen Ehemanns zu sein? „Überhaupt nicht“, lacht Cæcilie Norby, „das bin ich gewohnt.“ Für Liebesschwüre und Geturtel ist im Tonstudio sowieso kein Platz.

„Dort sehen wir uns nicht als Ehepaar“, sagt Cæcilie Norby bestimmt. „Unsere musikalische Beziehung ist fast stärker als unsere Liebesbeziehung, obwohl ich das nicht sagen sollte. Kurz vorm Ende der Produktion werde ich panisch – daran ist Lars gewohnt. Ich wecke ihn mitten in der Nacht auf und sage, dass wir irgendwas noch mal aufnehmen müssen – dann stoppt er mich.“

Das Ergebnis ist überraschend und eindringlich: Musik, wie man sie tatsächlich noch nicht gehört hat. Neben den erwähnten Klassikern singt Norby auch zwei Standards von Michel Legrand (unter anderem „The Windmills Of Your Mind“ auf dänisch“); die instrumentale Umsetzung ist extrem variantenreich und klug arrangiert.

„Auf dem Album spielt Lars über zehn verschiedene Instrumente“, begeistert Cæcilie Norby sich. „Wir waren wie Kinder auf einem Spielplatz. Manchmal musste ich Lars mit einem Glas Wasser und einer Scheibe Brot überraschen und ihm sagen, dass er jetzt mal was essen muss.“

Ihre Texte schreibt die Sängerin sich selbst auf den Leib.

„Satie hat mich inspiriert, Texte zu schreiben“, schildert Norby den ursprünglichen Impuls, aus dem die Platte entstand. „Er war wohl der erste klassische Komponist, der den Jazz entdeckt hat. Er hat zum Beispiel mit einer Slide-Gitarre gearbeitet, was mich natürlich umgehauen hat – jetzt spielt Lars die Slide (auf „No Phrase“ – Anm. d. Aut.). Ich fand aber auch ein Album namens ,Ravel Plays Ravel‘ auf iTunes und war hin und weg. Ravel war sehr inspiriert, und obwohl er öfter mal einen Fehler machte, war ich begeistert von der Aufnahme.“

„The Dead Princess“, das auf einem Stück aus dieser Ravel-Aufnahme basiert, fungiert als Opener des Albums. Sparsame Perkussion von Xavier Desandre-Navarre, Lars Danielssons Bass und Klavier und Synthesizer von Bugge Wesseltoft sind die einzigen instrumentalen Beigaben. Im Laufe des Albums wird es dann auch einmal opulenter: Der Gitarrist Ulf Wakenius kommt hinzu, Hans Ulrik an Flöte und Bassklarinette – und auf dem abschließenden „Nocturne“, einer Eigenkomposition von Norby, der bereits erwähnte Palle Mikkelborg an der Trompete. „Arabesque“ ist ein Ohrenschmaus, nach der Polizei sollte in diesem Fall wirklich niemand rufen.

Text
Rolf Thomas

Veröffentlicht am unter 86, Feature, Heft

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