Mein Fan

Lisa BassengeVorgestern hatte ich ein seltsames, um nicht zu sagen: etwas beängstigendes Erlebnis. Ich hatte mehrere Kinder (gefühlte 80) vom Kindergarten meiner Tochter mit nach Hause genommen, diese spielten mehr oder minder friedfertig im Kinderzimmer, als es an der Tür klingelte. Ich dachte natürlich, es wäre eine Mutter, die ihr Kind abholen will, und öffnete arglos. Vor mir stand ein ungefähr 65-jähriger Mann mit Vollbart und Halbglatze und einem pinken Shirt, auf dem eine strassverzierte Gitarre abgebildet war. Auf meinen etwas irritierten Blick hin stellte er sich vor: „Hans Schmalmann mein Name (natürlich geändert!), wir kennen uns aus München von Ihrem Konzert.“ Und mit dreister Nonchalance zwängte er sich an mir vorbei in die Wohnung. Wo er dann ca. 6 CDs von mir auspackte, die er signiert haben wollte. „Ich bin grade zu Besuch in Berlin und dachte mir, es wäre doch nett, wenn wir uns mal sehen und Sie mir gleich die CDs unterschreiben. Auf dem Postweg ist das ja alles immer so umständlich.“

Ich war baff. So baff, dass ich ohne zu mucken die Platten signierte und dabei noch ganz freundlich war. Herr Schmalmann, der es sich mittlerweile auf meinem Klavierhocker bequem gemacht hatte, hätte sicher noch gerne ein Stündchen weitergeplaudert, aber ich komplimentierte ihn dann hinaus mit den Worten: „Sie sehen ja, was für ein Chaos hier herrscht, ich bin leider grad total im Stress, sonst immer gerne, übrigens sehr schickes T-Shirt…“

Als er draußen war, musste ich mich erst mal setzen und tief durchatmen. Der Schreck war mir echt in die Glieder gefahren. Ich habe es als extrem unangenehm empfunden, in meinen eigenen vier Wänden „heimgesucht“ zu werden – und auch jetzt, wo ich darüber schreibe, stellen sich mir die Nackenhaare auf. Das gibt’s doch gar nicht! Einfach irgendwo vorbeistalken! Nur weil man die Musik von jemandem mag.

Ich war echt geschockt. Auf ein Konzert zu gehen und danach noch zu warten, um sich mit den Musikern zu unterhalten: Voll okay! Der Agentur (die immer auf der Homepage steht) die Platten zuschicken mit der Bitte um ein Autogramm: Auch nichts gegen einzuwenden! Sich ins Gästebuch eintragen, um den Künstler zu kontaktieren: Auch gut. Aber die Adresse herausfinden, hinfahren und einfach in die Wohnung eindringen, das, lieber Hans, ist ein absolutes No Go!!!!

Es ist ja nicht so, dass ich mich über Aufmerksamkeit nicht freue, sonst hätte ich diesen Beruf ja nicht gewählt, aber es gibt echt Grenzen! So, das musste ich mal auf diesem Wege loswerden. Nächstes Mal wird es hoffentlich wieder lustig. Bis dann und viele liebe Grüße,

Eure
Lisa Bassenge

Veröffentlicht am unter Blog thing

jazzfuel