RIP: Udo Moll

Udo MollUdo MollVielleicht erinnert sich noch jemand: Im Frühjahr 1996 haben wir als Jazz thing den Wettbewerb „The Next Generation Of Jazz“ (beinahe wie in Vorbereitung auf unsere spätere CD-Edition „Jazz thing Next Generation“) ausgelobt. Unter den vier Bands, die zu einem Konzert im Rahmen der EuroPopDays in Freiburg eingeladen wurden, war auch Novotnik 44 aus Köln. „Udo Moll, Gründer und Kopf von Novotnik 44, studierter Trompeter und noch lernender Kompositionsschüler an der Kölner Musikhochschule, verarbeitet neben den verschiedenen Strömungen des modernen Jazz auch europäische Folklore, jüdischen Klezmer und Neue Musik“, schrieben wir damals: „Molls Ziel ist es, mit Novotnik 44 eine multistilistische Collage zu verwirklichen.“

Das Multistilistische und Transkulturelle wurden Markenzeichen des Trompeters. Molls Septett gab es noch einige Jahre – durchaus mit Erfolg: Teilnahme an der „European Jazz Competition“ der Leverkusener Jazztage zum Beispiel, oder der zweite Platz beim „Group Contest“ des Jazzfestivals im spanischen Getxo. Novotnik 44 öffnete ihm aber auch die Türen in Kölner Bands und Gruppen, die sich längst aus dem engen Rahmen eines, obgleich zeitgenössischen Jazz verabschiedet hatten und mit den Musikkulturen der Welt experimentierten – wie beispielsweise die Schäl Sick Brass Band oder später das Tabadoul Orchestra.

2004 rief er dann ein Trio ins Leben, das einige Eigenschaften des Menschen ebenso wie des Künstlers Udo Moll offenlegte. Schon der Name, Das mollsche Gesetz, zeigte diesen leisen, etwas verschrobenen Humor, der dem Trompeter zeitlebens zueigen war. Und so sehr sich Moll mit der musikalischen Avantgarde beschäftigt hatte, so simpel war dieses Gesetz: Kein Stück darf länger sein als 60 Sekunden, die folgende Pause muss genauso lang sein wie das Stück zuvor. Im Trio mit Matthias Muche (Posaune) und Sebastian Gramss (Bass) zelebrierte der Trompeter also sein Konzept der Reduktion und kondensierte den ästhetischen Prozess der musikalischen Improvisation auf das Wesentliche.

Überhaupt ist Moll in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten mehr und mehr zum Komponisten und Konzeptionisten geworden, der mit Werkzeug aus dem digitalen Baukasten oder dem Synthesizer Komposition in geronnene Improvisation verwandelte. Zumeist geschah das im Duo, wie zum Beispiel mit dem Pianisten (und gleichfalls Elektroniker) Florian Ross als inf.loop oder mit dem Saxofonisten (und gleichfalls Elektroniker) Leonard Huhn als Shakespeare ZombieNation, oftmals auf der Bühne umrahmt von kunstvoll gestalteten Live-Visuals. Als Trompeter saß Moll wiederum im James Choice Orchestra, im Quartett La Piccola Banda spielte er, unter anderem mit der Klarinettistin Annette Maye eine „crazy germans‘ italian blasmusik“. Am 14. Januar ist Udo Moll an den Folgen einer Ruptur eines Hirnarterienaneurysmas gestorben, mit gerade mal 56 Jahren viel zu jung. Text Martin Laurentius

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Peter Tümmers

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