Jazz Pott Essen: Jochen Rueckert

Der Jazz Pott Essen für Jochen RueckertJochen RueckertMitte der 1990er-Jahre, Jochen Rueckert war gerade Anfang 20 und studierte Schlagzeug an der Jazzabteilung der Hochschule für Musik und Tanz in Köln. Doch sein ganzer Habitus und seine Persönlichkeit wollten so gar nicht zum Klischee eines Jazzstudierenden passen. Mit seinen blondierten und hochtoupierten Haaren, mit seinen zerrissenen T-Shirts und seinen überweiten Jeans sah Rueckert eher aus wie ein Punk und nicht wie ein „seriöser“ Jazzmusiker. Seine Karriere begann damals vielversprechend. Mit dem Trio Dreiklang hatte Rueckert 1996 den zum ersten Mal in Deutschland ausgetragenen „Blue Note Hennessy Jazz Search“ gewonnen; der Preis: eine CD-Veröffentlichung auf Blue Note Records. Kurz danach erschien dann Rueckerts Leaderdebüt, „Introduction“. Doch eine für einen deutschen Jazzmusiker typische Karriere war es nicht, was der junge Schlagzeuger wollte: Er stieg plötzlich bei Dreiklang aus, brach sein Schlagzeugstudium in Köln ab, packte seine Koffer und zog nach New York.

Schon bald nach seiner Ankunft in New York 1998 machte sich Rueckert auch dort einen Namen als flexibel agierender, rhythmisch auf den Punkt spielender Drummer. Elf Jahre war er zum Beispiel Schlagzeuger im Marc Copland Trio, Gitarrist Kurt Rosenwinkel engagierte den jungen Deutschen ebenso wie der Saxofonist Mark Turner. Doch es war eine Band mit ehemaligen Kölner Studienkollegen, die den Schlagzeuger im Bewusstsein der Jazzöffentlichkeit verankern sollte: Root 70 mit dem Posaunisten Nils Wogram, dem Altsaxofonisten Hayden Chisholm, dem Bassisten Matt Penman und eben Rueckert am Schlagzeug. Vor rund sieben Jahren gründete Rueckert dann sein eigenes Quartett. Seitdem haben die vier Musiker mit ihrem antizipierenden Zusammenspiel einen ganz eigenen Modern Jazz entwickelt: tonal und thematisch offen, um sich flexibel durch die ad hoc entworfenen Räume zu bewegen. Drei Alben sind erschienen; aktuell „Charm Offensive“ (Pirouet/NRW), auf dem Rueckerts Lust an Kontrasten und Brüchen noch offensichtlicher zu Tage tritt als früher. Seine rotzig freche Attitüde, das Bilderstürmerische vergangener Tage hat wiederum einer Abgeklärtheit, einer Coolness Platz gemacht – was sich auch in Rueckerts dynamisch differenziertem Spiel auf dem Ride-Becken zeigt. Mit seinem Quartett und der Jazzmusik von „Charm Offensive“ kommt Rueckert am 24. September ins Grillo-Theater nach Essen, um das Preisträgerkonzert für den „Jazz Pott Essen“ zu spielen, mit dem der Schlagzeuger dieses Jahr ausgezeichnet wird.

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Jochen Rueckert

Text
Martin Laurentius
Foto
Desmond White

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