RIP: Gunther Schuller

gunther-schullerFür die einen ist das, was sich hinter dem Begriff „Third Stream“ verbirgt, nicht mit dem Wesen des Jazz zu vereinen, für die anderen ist das musikalische Experiment, das den „Third Stream“ auszumachen scheint, eine geglückte Synthese aus der klassischen Musik Europas und dem Jazz amerikanischer Prägung. Dem „Third Stream“-Erfinder, dem 1925 in New York geborenen Hornisten und Komponisten Gunther Schuller, gefiel dieser Begriff vor allem wegen seiner Vieldeutigkeit: „Es gibt Hunderte von Zwischenstufen, bei denen man nicht sagen kann, dass es eindeutig Jazz oder klassische Musik sei“, betonte Schuller einst. „Aus einem schöpferisch begabten Musiker kommt immer das heraus, was er in seinem Leben gehört und empfunden und was er von diesem Gehörten interessant und gültig gefunden hat. Unser totales musikalisches Erlebnis spiegelt sich, ob wir es wollen oder nicht, in unserer Musik wider. Und wenn der Jazz einmal ein mitreißendes Erlebnis war, so wird das irgendwie in den darauf folgenden Arbeiten reflektiert. Ich will mit diesem ,Third Stream‘ kein Programm anbieten. Ich will nur frei musizieren können, ganz unabhängig von den fein eingeschachtelten Kategorien und Stilarten, die man uns Musikern immer anbieten will.“

Als Hornist war Schuller auch bei der wegweisenden Studioproduktion von Miles Davis 1949, „The Birth Of The Cool“, dabei. Rund sechs Jahre später gründete er zusammen mit dem Pianisten John Lewis die „Modern Jazz Society“, um nach Wegen zu forschen, komponierte und improvisierte Musik zu verbinden. Aus dieser Forschung ergab sich für Schuller, dass es ihm nicht um „Third Stream Jazz“ ging, sondern um „Third Stream Music“. Erste Stücke für diese „neue“ Gattung sollten folgen – wie zum Beispiel „Conversations“ und „Concertino For Jazz Quartet And Orchestra“, die beide von Lewis und dem Modern Jazz Quartet aufgeführt wurden. Doch Schuller war nicht nur Komponist und Musiker, sondern auch Pädagoge und Autor. So baute er zum Beispiel am renommierten „New England Conservatory Of Music“ ab 1968 die Jazzabteilung auf und schrieb das Buch „Early Jazz: Ist Roots And Musical Development“. Auch war er zeitlebens Unterstützer vor allem von Jazzmusikern der Avantgarde – wie zum Beispiel Ornette Coleman, Eric Dolphy oder Jeanne Lee. In seiner Heimat USA wurde Schuller mit Preisen dekoriert: Neben einigen „Grammies“ bekam er 1994 für das Stück „Of Reminiscences And Reflections“ den Pulitzer-Preis und wurde 2008 „Jazz Master“ der amerikanischen „National Endowment For The Arts“. Am 21. Juni ist Gunther Schuller im Alter von 89 Jahren gestorben.

Text
Martin Laurentius

Veröffentlicht am unter News

Deutscher Jazzpreis 2025
CLOSE
CLOSE