Curtis Stigers

Gentleman

(Emarcy/Universal)

PRO

Curtis Stigers – Gentleman (Cover)Definiere Gentleman. Für Curtis Stigers geht es längst nicht mehr darum, kraftmeiernd und machomäßig durch die Gegend zu laufen. Sein ideales Männer-Modell: sanft, charmant, aufrichtig und vor allem eines – empathisch. So verarbeitet der Sänger mit der warmen, rauchigen, immer ein wenig an Sinatra erinnernden Stimme in elf Songs persönliche Momente wie das Erwachsenwerden der Tochter, seine Scheidung und die Umtriebe korrupter Politiker. Genau deshalb ist „Gentleman“ das eindringlichste, ehrlichste und in weiten Teilen auch beste Album seiner „zweiten Karriere“ geworden. Nicht zuletzt dank Larry Goldings, Trompeter John „Scrapper“ Sneider oder der Cellistin Jody Ferber. Herausragend: In „Here We Go Again“ lässt Stigers seiner Wut über Trump und Co. freien Lauf. Auch ein Gentleman muss mal Kante zeigen.
Reinhard Köchl

CONTRA

Guy Ritchie geht einen anderen Weg. Er lässt seine Gentlemen der Gegenwart so oft „Fuck“ sagen, bis auch dem letzten Zweifler klar wird, dass das Konzept der maskulinen Lässigkeit in Zeiten der Korrektheit nur darin bestehen kann, eben genau gegen diese emotionale Asepsis zu rebellieren. Curtis Stigers hingegen versteht sich als Nostalgiker. Er besingt die Freuden des lebenslangen Zusammenlebens, der Etikette, der Genügsamkeit. Er mimt den Tür-Aufhalter und In-die-Jacke-Helfer des Song-Swings, mit barjazzig gedimmter Schmusestimme und dem Appeal eines Kissenknickers. Und er nimmt seine Rolle als Balladen-Knigge sehr ernst, gibt sich akustisch weltmännisch, dabei eher swinglos und in Timbre und Phrasierung elegisch testosteronarm. Bei aller Liebe zum neuen, alten Mann: Dieser Gentleman ist akustisch ein ausgesuchter Langweiler!
Ralf Dombrowski

Text
Reinhard Köchl, Ralf Dombrowski
, Jazz thing 133

Veröffentlicht am unter Reviews

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