Olga Reznichenko

Natürlich komplex

Ihre Musik wirkt dringend, drängend, manchmal ein wenig wütend. Dieser Nachdruck entsteht auch durch Olga Reznichenkos Vorliebe für häufige metrische Wechsel und ungerade Takte.

Olga Reznichenko Trio (Foto: Stefan Braunbarth)

Die „Rhythm Dissection“ (Traumton/Indigo) hat es sogar in den Albumtitel geschafft, der die Veränderung vom eher fließenden Triodebüt „Somnambule“ zur emphatischen Fortsetzung beschreibt.

„Es scheint fast so, als treffe der 5/4-Takt meinen persönlichen Flow am ehesten“, meint die Pianistin und Leaderin des Leipziger Trios.

„Jedenfalls findet man den Rhythmus oft in meinen Kompositionen. Manchmal fällt mir auch erst beim Transkribieren von Ideen auf, dass sich das Metrum häufig ändert. ‚Elegie‘ zum Beispiel hatte ich für mich zu Hause aufgenommen. Als ich es aufschreiben wollte, wurden mir die Wechsel bewusst.“ Eine Übersetzung auf gerade Taktarten aber wirkte ungelenk, und so blieb der Song rhythmisch zerlegt im Sinne des Albumtitels.

Diese immanente Vielfalt hat sich bereits zu einem Charakteristikum für Reznichenkos Spiel entwickeln können, neben der Vorliebe für markante Dynamikwechsel und eine oft tritonale, quartengesättigte Harmonik. Das funktioniert, weil ihre Triopartner diese Ideen weiterführen.

Der Bassist Lorenz Heigenhuber lässt die klingenden Zusammenhänge der Kompositionen offen. Seine Linien sind Fundament und Angebot zugleich, jedenfalls nichts, was die Akkorde des Klaviers festlegen würde. Maximilian Stadtfelds Schlagzeug wirkt kraftvoll, auch bei leiser Dynamik umarmend und damit trotz der vielen rhythmischen Veränderungen stringent. Er arbeitet damit der Gefahr entgegen, dass die neun Songs des im Februar 2023 in den Edel-Studios bei Bauer in Ludwigsburg aufgenommenen Albums in Fragmente einzelner Motivideen zerfallen. Dieses Teamwork macht das Olga Reznichenko Trio stark. Improvisation und feste Form laufen ineinander über. Sie vermeiden die modernistischen Klischees und holen ihren Anspruch aus der Natürlichkeit des Komplexen. Das muss man erst einmal mit einem zweiten Album schaffen.

Text
Ralf Dombrowski
Foto
Stefan Braunbarth

Veröffentlicht am unter 154, Feature, Heft

Bezau Beatz