Bill Evans Trio

Evans In England

(Resonance Records/H'Art)

PRO

Bill Evans Trio – Evans In England (Cover)Zu Bill Evans haben die Goldgräber von Resonance bereits drei Alben mit bis dato unveröffentlichtem Material auf den Markt gebracht, darunter auch ein Konzert des Pianisten im Trio mit Bassist Eddie Gomez und Schlagzeuger Marty Morell Oktober 1968. Morell war damals gerade in die Band eingestiegen. Gut ein Jahr später gastierte das Trio für längere Zeit im Ronnie Scott’s. Aufnahmen aus der letzten Woche dieser Konzerte im Londoner Club hat Resonance nun für das neue Doppelalbum zusammengestellt, die Tonqualität ist ordentlich. Noch besser ist die Musik, denn Evans und seine eingespielten Sidekicks gehen ihre Themen völlig relaxed an, wobei Gomez viel Raum für seine kraftvollen Soli hat und Morell starke Akzente setzt. Im Repertoire gibt’s Debüts wie das balladeske „The Two Lonely People“, Altbekanntes wie „Waltz For Debby“ – diesmal im Turbomodus – oder „Turn Out The Stars“ steht neben temperamentvoll interpretiertem Monk-Material. Zawinuls „Midnight Mood“ geht Evans ganz subtil an und die Trioversion von „So What“ klingt lyrischer als die mit Jeremy Steig auf „What‘s New“. Trotz einiger bereits bekannter Liveaufnahmen vom Ende des Jahres 1969 ist „Evans In England“ nicht nur für Hardcorefans von Interesse.
Uli Lemke

KONTRA

Bill Evans‘ Verdienste um den Jazz sind unbestritten, sein Trio mit Paul Motian und Scott LaFaro gehört ohne jede Frage zu den innovativsten Jazzformationen aller Zeiten. Aber mal ehrlich, wie viel Bill Evans braucht der Mensch? Sein Repertoire war übersichtlich, seine Bedeutung liegt nicht zuletzt darin, dass er mit wenig Material immer neue Geschichten erzählen konnte. Aber selbst Evans hatte nicht jeden Tag eine Offenbarung. Die vorliegenden Aufnahmen von 1969 mit Bassist Eddie Gomez und Drummer Marty Morell sind bestenfalls die Bestätigung all dessen, was wir schon über den Pianisten wissen. Jäger und Sammler dürfen sich bestimmt auch über dieses Mosaiksteinchen seiner Laufbahn freuen. Ansonsten ist „Evans In England“ nichts als der traurige Versuch, jede Bagatelle der Jazz-Annalen als Jahrhundert-Entdeckung zu vermarkten.
Wolf Kampmann

Text
Uli Lemke, Wolf Kampmann
, Jazz thing 129

Veröffentlicht am unter Reviews

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