Joachim Kühn: 80. Geburtstag

Joachim KühnJoachim KühnAm heutigen Freitag feiert der Jazzpianist und Komponist Joachim Kühn seinen 80. Geburtstag. Er zählt zu den einflussreichsten Pianisten des europäischen Jazz. Sein tiefempfundenes, sich horizontal in weiten Flächen ausbreitendes Spiel zeigt hochvirtuose Improvisationskunst. Kühn, geboren am 15. März 1944 in Leipzig als jüngerer Bruder des Klarinettisten Rolf Kühn, kam nach seiner Ausbildung als klassischer Konzertpianist durch seinen Bruder zum Jazz. Er selbst sagt, er sei „der erste Jazzmusiker der DDR“ gewesen. Alle anderen spielten offiziell „Tanzmusik“.

Als 18-Jähriger begleitete er Anfang der 1960er-Jahre Ernst-Ludwig Petrowsky, Klaus Koch, Werner Pfüller und die Bigband von Klaus Lenz. 1964 spielte er in Prag und auf dem einflussreichen Warschauer Festival Jazz Jamboree, im Anschluss gründete er sein Trio mit Koch und Reinhard Schwarz. Mit Hilfe des Pianisten Friedrich Gulda organisierte sein Bruder Rolf 1966 die Flucht für Joachim. Gulda hatte ihn ganz offiziell als Vertreter der DDR zu seinem Festival nach Wien eingeladen. Er kehrte jedoch nicht zurück. Im selben Jahr traten beide Brüder gemeinsam bei den Berliner Jazztagen auf, 1967 beim Newport Jazz Festival. Im gleichen Jahr nahmen sie in New York für Impulse! ihr Album „Impressions Of New York“ auf.

1968 zog Joachim Kühn nach Paris und spielte mit Don Cherry und Karl Berger. Während der 1970er-Jahre lebte er in Kalifornien und es entstanden einige Jazz-Rock-Alben. Nach seiner Rückkehr gründete er sein bedeutendes Trio mit dem Bassisten Jean-François Jenny-Clark und Schlagzeuger Daniel Humair. Inspiriert durch die langjährige Zusammenarbeit mit Ornette Coleman als einer der ganz wenigen Pianisten, mit denen Coleman spielte, und dessen musikalischem System der „Harmolodics“ entwickelte Kühn sein „Diminished Augmented System“, in dem innerhalb eines intervallischen Bereichs improvisiert wird.

Der Filmemacher Stephan Lamby drehte 2019 den Dokumentarfilm „Brüder Kühn – Zwei Musiker spielen sich frei“. Gemeinsam erhielten beide Brüder mehrfach Preise für ihr Lebenswerk, zuletzt beim Deutschen Jazzpreis 2023. Nach dem Tod seines Bruders Rolf Kühn 2022 entschied sich Joachim Kühn, seine Konzerttätigkeit weitgehend einzustellen und in seinem Studio auf Ibiza zu komponieren und aufzunehmen. Eine Ausnahme macht er zu seinem 80. Geburtstag, zu dem ihm das Bundesverdienstkreuz verliehen wird, mit einer vier Spielorte umfassenden Geburtstags-Tournee zwischen dem 7. und 14. Mai 2024. Im Theaterhaus Stuttgart, der Berliner Philharmonie, der Hamburger Elbphilharmonie im Duo mit Michael Wollny und mit seinem New Trio und der Diagonale Offenburg.

Weiterführende Links
Joachim Kühn

Text
Maxi Broecking
Foto
Tomasz Sagan

Veröffentlicht am unter News

jazzfuel