Deutscher Jazzpreis: Die Gewinner/-innen

Deutscher Jazzpreis 2023Deutscher Jazzpreis 2023Für einen Aufreger sorgte die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien, Claudia Roth, gleich am Anfang. Deren aufgezeichnetes Video-Grußwort zur Verleihungs-Gala des Deutschen Jazzpreises im Bremer Metropol Theater am Eröffnungsabend der diesjährigen jazzahead! sollte simultan ins Englische übersetzt und als Untertitel gezeigt werden. Der oder die Übersetzer/-in kam aber überhaupt nicht mit dem Gesprochenen zu Rande und machte unter anderem aus dem legendären afroamerikanischen Jazzmusiker Louis Armstrong den weißen amerikanischen Astronauten Neil Armstrong. Das löste im Publikum laute Lacher aus, die wiederum das Trio, das auf der Preisverleihungs-Gala die improvisierte Hintergrundmusik spielten, so sehr irritierten, dass sich Louise Volkmann (Saxofon), Phil Donkin (Bass) und Max Andrzejewski (Drums) verwundert anschauten, weil sie mit dem Rücken zur Leinwand standen und nicht sahen, was für ein Nonsens dort teilweise zu lesen war.

Roth setzte mit ihrer Videobotschaft auch einige inhaltliche Wegmarken: Jazz als Musik der Befreiung zum Beispiel und Synonym für Freiheit, als Wegweiser für die Identitätsfindung und Suche nach der eigenen Herkunft. Nicht nur auf der Pressetribüne fragte man sich, ob das die Themen sind, die tatsächlich die deutsche und die internationale Jazzszene umtreiben, oder ob die nicht doch nur ein Hype für Berlin sind, aber anderswo eher für ungläubiges Stirnrunzeln sorgen. Dass eine Initiative wie „Queer Cheer – Community For Jazz And Improvised Music“ unter anderem mit den Berliner Musiker/-innen Julia Kadel, Erik Leuthäuser, Laura Winkler und Friede Merz auch zurecht mit dem Sonderpreis der Jury ausgezeichnet wurde, hat man schon vergangene Woche bekannt gegeben. Warum aber die zumindest außerhalb von Berlin nahezu unbekannte Sängerin Sanni Est aus Brasilien zur „Künstlerin des Jahres national“ gekürt wurde, aber in der Kategorie „Vokal“, für die sie eigentlich nominiert war, leer ausging, erschloss sich vielen im Publikum nicht. In der „Vokal“-Kategorie ausgezeichnet wurde übrigens die Berliner Sängerin Natalie Greffel.

Weitere Gewinner/-innen in den insgesamt 31 Kategorien des Deutschen Jazzpreises waren unter anderem der in Berlin lebende US-Amerikaner Kurt Rosenwinkel („Gitarre national“), der in Berlin und New York lebende Österreicher Elias Stemeseder („Piano/Keyboards national“), der Berliner Saxofonist Volker Holly Schlott („Holzblasinstrumente national“), die mit Berliner Musiker/-innen besetzte Insomnia Brass Band („Band des Jahres national“) und POTSA LOTSA XL der Berliner Saxofonistin Silke Eberhard („Großes Ensemble des Jahres national“).

Hadnet Tesfai & Max MutzkeHadnet Tesfai & Max MutzkeEinziger Kölner Gewinner in einer der Instrumentalkategorien war der Trompeter Matthias Schriefl („Blechblasinstrumente national“), zudem gab es einen Deutschen Jazzpreis für die Hamburgerin Lisa Wulff („Bass national“), den Dresdner Günter Baby Sommer („Schlagzeug/Perkussion national“) und den Münchner Oud-Spieler Rabih Abou-Khalil („Besondere Instrumente national“). International setzten sich unter anderem die Saxofonistin Lakecia Benjamin („Blasinstrumente) oder der Schlagzeuger Makaya McCraven („Schlagzeug/Perkussion“) durch, „Künstler/-in des Jahres international“ ist nach Meinung der Jury die afroamerikanische Spoken-Word-Artistin Camae Ayewa alias Moor Mother. Aus Kölner Sicht durfte man wieder jubeln, als die Cologne Jazzweek mit dem Team um den Posaunisten Janning Trumann zum „Festival des Jahres“, das Loft zur „Spielstätte des Jahres“, „Mo Vi Mento“ von LUAH zum „Album vokal des Jahres“ und das Stück „Cookie Dough“ von Heidi Bayer zur „Komposition des Jahres“ gewählt wurden.

Führte das Moderationstandem Hadnet Tesfai und Max Mutzke gleichermaßen informativ wie unterhaltend durch diesen Verleihungsmarathon, so konnten einige der Laudationes, mit denen ja Schlaglichter auf die Gewinner/-innen geworfen werden sollten, nicht wirklich überzeugen, weil diese zu oft doch nur musikjournalistische Klischees und Standards bemühten. Hätte es nicht einen Till Brönner gegeben, der eine sehr persönliche, launig-liebevolle Rede auf die Brüder Rolf (Klarinette) und Joachim Kühn (Piano) gehalten hat, die mit dem Deutschen Jazzpreis für ihr Lebenswerk ausgezeichnet worden sind. Auf der Website des Deutschen Jazzpreises findet man alle Gewinner/-innen, auch den Video-Stream (ohne Untertitel!) kann man dort noch einmal sehen. Zudem sendet das Kulturradio Bremen Zwei am 6. Mai ab 22 Uhr einen Mitschnitt des Verleihungsabends, gleich zwei TV-Sender zeigen eine Zusammenfassung: 3sat am 7. Mai ab 10.55 Uhr und das NDR Fernsehen am 8. Mai ab 0.05 Uhr.

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Deutscher Jazzpreis

Text
Martin Laurentius
Foto
Camille Blake

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