100: Kurt Edelhagen

Kurt Edelhagen 1954Kurt Edelhagen 1954Die Vita von Kurt Edelhagen, der am 5. Juni 1920 in Börnig, heute ein Stadtteil von Herne im Ruhrgebiet, geboren wurde, ist deutsche Jazzgeschichte. Studiert hat Edelhagen Klarinette und Klavier an der Folkwangschule in Essen, zudem besuchte er dort die Dirigentenklasse und spielte währenddessen auch heimlich den von den Nazis verfemten Jazz. Kurz nach Kriegsende im Sommer 1945 gründete er sein erstes Jazz-Ensemble, das er bald zur Bigband vergrößerte. In den folgenden Jahren erspielte sich diese Bigband einen herausragenden Ruf in Westdeutschland – in den amerikanischen GI-Clubs zum Beispiel ebenso wie in den Programmen der von den amerikanischen und britischen Besatzern gegründeten Radiostationen. „Stan Kenton war damals das letzte Wort im Bigband-Jazz. Und Kurt Edelhagen erschien uns von Anfang an als die deutsche Antwort auf die amerikanische Herausforderung durch Kenton, – wie sich denn auch, als Kenton nach Deutschland kam, eine gute Beziehung zwischen den beiden Band-Leadern ergab“, so Joachim-Ernst Berendts Erinnerung.

1949 engagierte der neue Bayerische Rundfunk die Bigband Edelhagens als Jazz- und Unterhaltungsorchester, 1952 zog es den Bandleader mit seinen Musikern zum Südwestfunk nach Baden-Baden. War dort dieses Orchester noch ausschließlich mit deutschen Instrumentalisten besetzt, so etablierte Edelhagen ab dem 1. April 1957 im Auftrag des Westdeutschen Rundfunks (WDR) in Köln eine international besetzte Bigband. Bis 1972 arbeiteten in diesem Edelhagen-Orchester deutsche, europäische und amerikanische Musiker zusammen – wie beispielsweise Charly Antolini, Benny Bailey, Francis Coppieters, Jimmy Deuchar, Carl Drewo, Gerd Dudek, Derek Humble, Peter Trunk oder Jiggs Whigham, als Arrangeure und Komponisten konnten unter anderem Claus Ogermann, Francy Boland, Bill Holman oder Quincy Jones verpflichtet werden. Gleichermaßen Schluss- und Höhepunkt dieses Edelhagen-Orchesters war 1972, als es bei der Eröffnung der Olympischen Spiele in München den Einmarsch der Nationen musikalisch begleitete. Ein Teil der ehemaligen Edelhagen-Musiker war auch dabei, als der WDR Anfang der 1980er-Jahre seine eigene Bigband gründete, uund der Ende der 1970er auf den Weg gebrachte Jazzstudiengang an der Hochschule für Musik und Tanz Köln ging wiederum aus der Jazzklasse hervor, die Edelhagen 1958 ins Leben gerufen hatte.

Bernd Hoffmann, bis Ende 2018 verantwortlicher WDR-3-Jazzredakteur, ist ein Edelhagen-Fachmann. Zum 100. Geburtstag dieses Bandleaders am 5. Juni 2020 war Hoffmann im Studio von WDR 3 und hat gemeinsam mit dem Moderator Thomas Mau zwei Stunden lang einen Überblick über das immense Schaffen dieses Orchesters und seines Leiters gegeben. Zudem hat Hoffmann für die Website von WDR 3 die schönsten Konzerte der Edelhagen-Bigband zusammengestellt – unter anderem mit Inge Brandenburg, Toots Thielemans und Stéphane Grappelli als Gastsolist*innen. Auch das WDR-Fernsehen hat sich des runden Jubiläums angenommen und für „Jazzline“ ein einstündiges Feature über Edelhagens Kölner Zeit produziert: In „Präzision mit Seele“ sind Ausschnitte aus vielen Konzerten ebenso zu sehen wie Interviewauszüge mit Edelhagen und Gespräche mit Weggefährten. Am Schluss dieses Films ist dann die WDR Big Band unter der Leitung des Komponisten und Arrangeurs Florian Ross mit Originalarrangements und Bearbeitungen von Stücken aus dem Edelhagen-Repertoire zu hören.

Weiterführende Links
WDR 3 Jazz & Word „100 Jahre Kurt Edelhagen“
„100 Jahre Edelhagen – die schönsten Konzerte des Big-Band-Leaders“
„Präzision mit Seele“

Text
Martin Laurentius
Foto
Creative Commons/Willy Pragher

Veröffentlicht am unter News

Deutscher Jazzpreis 2024