RIP: Hamiet Bluiett

Hamiet BluiettHamiet Bluiett1968 wurde in St. Louis am Mississippi die „Black Artists Group“ (BAG) gegründet, nach Vorbild der „Association for the Advancement of Creative Musicians“ (AACM) in Chicago. Die Kontakte zwischen beiden Musikerinitiativen waren von Anfang an eng, der kreative Austausch untereinander rege. 1968 mit dabei war auch der Baritonsaxofonist und Klarinettist Hamiet Bluiett, 1940 geboren und in East St. Louis am gegenüberliegenden Mississippi-Ufer aufgewachsen. Gleichfalls Geburtshelfer für die BAG waren die beiden Altsaxofonisten Julius Hemphill und Oliver Lake. Obwohl Bluiett bereits 1969 nach New York übersiedelte, so hatten die Beziehungen und Freundschaften, die er in dieser Gruppe knüpfen konnte, über Jahrzehnte Bestand. Das zeigte sich zum Beispiel auch 1974, als Bluiett, Hemphill und Lake mit dem AACM-Aktivisten Anthony Braxton dessen Saxofonquartett aufführten. Diese Aufführung war Initialzündung für das drei Jahre später gegründete World Saxophone Quartet (mit dem Tenoristen David Murray als viertes Mitglied), das nach Vorbild des klassischen Streichquartetts gut vier Jahrzehnte lang ein ums andere Mal ungewöhnliche Projekte für vier Saxofone realisieren konnte.

Schon zu der Zeit hat Bluiett dem Baritonsaxofon seine Behäbigkeit im Tonfall und Schwerfälligkeit in der Phrasierung genommen. Sein rhythmisches Konzept fußte zwar im Swing, doch überführte er diesen bis hin zum freien Pulsieren. Mit der tiefen Lage des Baritons gab er dem Free Jazz amerikanischer Prägung ein Fundament, durch nicht alltägliche Spieltechniken konnte er dessen Tonraum aber auch bis in die höchsten Register erweitern. In New York spielte er als Sideman unter anderem für Sam Rivers, Charles Mingus, Dollar Brand, Gil Evans, Arthurs Blythe und die Thad Jones/Mel Lewis Big Band, sein Plattendebüt, „Endangered Species“, erschien 1976. Mit dem Pianisten Don Pullen leitete Bluiett viele Jahre ein Quartett, das die Leistungen der Altvorderen des Bebop mit den Anforderungen des US-Avantgarde-Jazz verknüpfte. 2002 zog er zurück nach St. Louis, zehn Jahre später sollte er dann noch einmal nach New York kommen. Weil sich sein gesundheitlicher Zustand aber verschlechterte, kehrte er nach zwei Jahren wieder zurück in seine Heimatstadt. Am 4. Oktober ist Hamiet Bluiett dort im Alter von 78 Jahren gestorben.

Text
Martin Laurentius
Foto
Frank Schindelbeck

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