Bonn: Beethovenfest 2023

Stegreif OrchesterStegreif OrchesterEines der ältesten klassischen Musikfestivals weltweit ist das Beethovenfest in Bonn, das 1845 aus Anlass des 75. Geburtstags des in dieser Stadt geborenen Komponisten Ludwig van Beethoven zum ersten Mal veranstaltet wurde. Danach fand es unregelmäßig, zumeist an runden Jubiläen dieses bedeutenden Komponisten statt, erst mit der Eröffnung der Beethovenhalle in Bonn 1959 sollte es ein regelmäßig ausgetragenes Musikfestival werden. Seit 2022 ist der Cellist und Kulturmanager Steven Walter Intendant dieses traditionsreichen Festes. Sein Anliegen ist es, alles in die Waagschale zu schmeißen, „dass als Vermittlung zwischen Musik und Öffentlichkeit funktioniert: Wir möchten allen Menschen ein (Konzert-)Angebot machen!“

Im vergangenen Jahr ging es unter dem Motto „Alle Menschen“ um die Frage der Vielfalt im klassischen Konzertleben. In diesem Jahr behandelt das Beethovenfest noch bis zum 24. September das Thema Nachhaltigkeit unserer Lebensformen. „Musik löst keine Klimakrise, aber sie bewegt Menschen und eröffnet neue Horizonte“, heißt es: „Sie stößt Veränderung an. Diese Veränderung soll auch in unserem Wirtschaften und Arbeiten als Festival angestoßen werden.“ Dabei geht es nicht nur um Fragen der Ökologie oder um Musik und Natur. Vielmehr thematisiert das Festivalprogramm auch eine kreative, ästhetische Nachhaltigkeit: „Viele Künstler/-innen und Ensembles tun das und entwickeln neue Ideen und Initiativen: für eigene nachhaltige Arbeitsweisen und für neue künstlerische Wege“, heißt es: „Wir möchten ihnen eine Plattform bieten – mit Raum für Experimente, für die Öffnung der Konzertformen und den Einbezug des Publikums.“

Die „symphony of change“ ist der Abschluss des Projekts #bechange des Stegreif Orchesters. Über zwei Jahre näherten sich die Musiker/-innen dem Thema Nachhaltigkeit an, „Awakening – Feeling – Thinking – Acting“ beschreibt den Weg zur Veränderung in jedem und jeder von uns. Nachhaltiges Denken diffundiert auf vielen Dimensionen in die Arbeit an diesem Projekt: in der emissionsarmen Tourplanung, in regenerativer Probengestaltung oder in einer regionalen Verwurzelung. Beim diesjährigen Beethovenfest spannt die „symphony of change“ einen Bogen von Hildegard von Bingen über Wilhelmine von Bayreuth und Emilie Mayer bis hin zu Clara Schumann. Fünf Musikerinnen des Orchesters re-komponierten deren Werke, die am 8. September in der alten Bonner Fahnenfabrik mit den Kernkompetenzen des Stegreif Orchesters aufgeführt werden: Improvisation jenseits von Genregrenzen, Choreografie, Spiel ohne Noten und Dirigent/-in.

Im Mittelpunkt der gut drei Wochen des Beethovenfestes in Bonn stehen also nicht nur die verschiedenen Werke aus unterschiedlichen Schaffensperioden Beethovens. Vielmehr will man das Werk dieses Komponisten eben auch mit Zeitgenössischem kontrastieren. Wie zum Beispiel mit den Auftritten des New Yorker Streichquartetts Brooklyn Raider, das seit jeher mit seinen diversen Programmen für Materialerweiterung und Grenzüberschreitung steht. In Bonn ist dieses namhafte Ensemble unter anderem mit dem Mandolinen-Virtuosen Avi Avital oder mit „New York Sound“ mit Philip Glass‘ Streichquartett Nr. 8 oder „Better Git It In Your Soul“ von Charles Mingus in einer Bearbeitung von Julius Hemphill zu hören.

Der südafrikanische Cellist Abel Selaocoe ist gleich zweimal zu erleben: am 15. September solo in der Kreuzkirche (ausverkauft!) und am 16. September mit dem Manchester Collective im Telekom Forum. Und dann gibt es auch noch die Matinee-Konzerte mit Jazz und improvisierter Musik um 11 Uhr in der Post Tower Lounge – unter anderem mit Wir hatten was mit Björn am 10., dem Trio Maria Reich (Violine), Mark Pringle (Piano) und Moritz Baumgärtner (Drums) am 17. und dem Christoph Möckel Trio am 24. September. Ein Kuriosum ist auch im Programm: Die klassische Pianistin Maki Namekawa re-interpretiert am 19. September im Bonner Pantheon Keith Jarretts legendäres, mythisch-verklärtes „Köln Concert“ von 1975.

Weiterführende Links
Beethovenfest Bonn

Text
Martin Laurentius
Foto
Salar Baygan

Veröffentlicht am unter News

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