Gestorben: Shivkumar Sharma

Shivkumar SharmaShivkumar SharmaEr war eine der letzten lebenden Legenden der indischen klassischen Musik. Zu seinen Fans zählten bereits in den 1960ern George Harrison und Bob Dylan. Im Alleingang hat er das indische Hackbrett, die Santur, weltweit bekannt gemacht. Vor vier Jahren noch gab es die seltene Gelegenheit, ihn in Deutschland zu erleben, als er beim Rudolstadt Festival gastierte. Am 10. Mai ist Shivkumar Sharma im Alter von 84 Jahren gestorben. Als 1968 das Album „Call Of The Valley“ erschien, machte das die Musik Kashmirs auf der ganzen Welt bekannt. Drei damals aufstrebende Meister der nordindischen Klassik vereinigten sich da: der Flötist Hariprasad Chaurasia, der Gitarrist Brijbushan Kabra und Sharma, ein 30-jähriger Virtuose auf dem Hackbrett Santur aus Jammu. Dieses Album illustrierte mit pastoralen und romantischen Szenen einen Tag und eine Nacht in einem Tal in Kashmir. Kaum eine andere Platte löste über die Grenzen Indiens, bis in den Pop und Jazz hinein eine solche Begeisterung aus. Frank Zappa, Bob Dylan und George Harrison – sie alle sollen berührt gewesen sein von dieser Suite aus der Bergregion Indiens. Das Album begründete Sharmas Ruhm, der danach zusammen mit Chaurasia etliche Soundtracks für Bollywood-Filme schrieb.

„Call Of The Valley“ hatte aber zu Hause in Indien noch eine ganz andere Wirkung: Sharma etablierte damit das einstmals als minderwertig angesehene Instrument Santur in der klassischen Hochkultur. Was nicht ohne Kritik abging. „Ich habe viele Neuerungen eingeführt“, sagte er in Rudolstadt im Interview. „Die Santur war ja limitiert auf die Region Kashmir, wo sie in der Rezitation von Gedichten der Sufis als Begleitinstrument zuhause war. Ich aber wollte den Ausdruck, der mit anderen Instrumenten der indischen Klassik wie der Sitar oder der Sarod möglich ist, auf die Santur übertragen.“ Die langsame Einführung in einen Raga zum Beispiel, der Alaap, der ohne Tabla-Begleitung gespielt wird, war auf dem Instrument nie versucht worden. Das Gleiche gilt auch für andere Ausdrucksmöglichkeiten in den Kompositionen, für komplizierte Metren oder die Verschränkung von Melodie und Rhythmus. Das alles, so Sharma, sei heute im Stil des Santurspiels verankert.

Es war immer faszinierend zu beobachten, wie Sharma mit den Hämmerchen feine, fast wispernde Tremoli beim Gleiten über die 100 Saiten erzeugte, wie er das Hackbrett chromatisch ausreizte. Er perfektionierte auch das improvisierte Duo-Spiel, das Jugalbandi, das er in den letzten Jahren vor allem mit seinem Sohn Rahul auf die Bühne brachte. Der führt das Erbe seines Vaters nun weiter und trägt die Santur seit etlichen Jahren schon in den Ethno-Pop und den Jazz hinein. Text Stefan Franzen

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Stefan Franzen
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CC BY-SA 4.0/Suyash Dwivedi

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