RIP: Walter Lang

Walter LangWalter LangEs ist dieser kurze Moment der Konzentration mit dem Blick nach innen, den man beobachtet, wenn Walter Lang über den Tasten des Flügels gebeugt ist und mit geschlossenen Augen und einem leisen Lächeln in sich hineinzuhorchen scheint. Das ist wie das Warten darauf, dass der Bogen gespannt wird und der Pfeil sirrend durch die Luft zischt; dieser kurze Augenblick der Ruhe also, der zum Impuls wird für den kreativen Prozess einer sich entfaltenden und entwickelnden Jazzmusik. Der 1961 in Schwäbisch-Gmünd geborene Lang ist als Pianist ein Meister darin, diesen Prozess vor seinem Publikum auszubreiten. Er will nicht der Virtuose sein, der seine Persönlichkeit hinter vielen Tönen verstecken muss, er braucht nicht das spielerische „show off“, mit dem er sich kraftmeierisch in Szene setzt. Lang konzentriert sich viel lieber auf das Wesentliche, wenige Töne reichen ihm, um sparsam den harmonischen Raum abzustecken; so wie seine Melodien auch, die eher wegen ihrer kargen Schlichtheit strahlen.

Vor allem war Lang zeitlebens aber ein „echter“ Teamplayer. Gleichgültig, ob als Sideman zum Beispiel im Rick Hollander Quartet, als Pianist mit seinen eigenen Trios oder im kooperativen Trio Elf mit dem Bassisten Sven Faller und dem Schlagzeuger Gerwin Eisenhauer, stets ging es ihm auch darum, seine Mitmusiker gut klingen zu lassen und gemeinsam dynamische Prozesse im antizipierenden Zusammenspiel auf den Weg zu bringen. Dafür war sein untrügliches Gespür für das Kammermusikalische im zeitgenössischen Jazz geradezu wie geschaffen. Aber vielleicht sind es eher auch seine Duos gewesen, in denen er diese oftmals leise Meisterschaft am Trefflichsten zu Gehör bringen konnte – etwa mit dem amerikanischen Saxofonisten Lee Konitz, mit dem er 2007 das Album „Ashiya“ herausbrachte, dem Sänger Philipp Weiss, mit dem er sich 2014 auf „PWL“ ganz der Kunst der eigenwilligen Interpretation von Jazzstandards hingab, oder zuletzt im Frühjahr mit dem jungen Philipp Schiepek, mit dem er sich auf „Cathedral“ auf einen zauberhaft-intimen Dialog zwischen Klavier und akustischer Nylonsaiten-Gitarre einließ. Dieses Album wird sein letztes gewesen sein, das noch zu Lebzeiten veröffentlicht worden ist: Am 16. Dezember ist der Pianist nach kurzer Krankheit gestorben – viel zu jung: Lang wurde nur 60 Jahre alt. Text Martin Laurentius

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Uli Zrenner-Wolkenstein

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