RIP: Peter Marxen

'Mein Onkel Pö'‚Mein Onkel Pö‘Wer kennt den Song und das gleichnamige Album „Alles klar auf der Andrea Doria“ nicht. 1972 hat es Udo Lindenberg mit seinem Panikorchester aufgenommen, 1973 wurde es veröffentlicht – und Titelsong wie Album sind zur Überraschung vieler als Hit zum „Evergreen“ geworden. Rockmusik, die sich stilistisch gegenüber Jazz und Kabarett öffnet, mit ironisch-humorvollen und intelligenten Texten in deutscher Sprache: Damals schien diese Kombination unvorstellbar zu sein.

Die Lyrics von „Alles klar auf der Andrea Doria“ sind auch aus einem weiteren Grund bemerkenswert. Lindenberg setzte mit seinen Versen (und der Musik) einer Hamburger Institution in Sachen Clubkonzerte ein Denkmal: dem Onkel Pö’s, 1972 noch in Pöseldorf ansässig, ab 1974 dann in Eppendorf. „Bei Onkel Pö spielt ’ne Rentnerband / Seit 20 Jahren Dixieland“, so der Einstieg in dieses Lindenberg-Lied.

Die Blütezeit dieses Clubs war ab Mitte der 1970er-Jahre, als dieser als Onkel Pö’s Carnegie Hall in Eppendorf den Programmschwerpunkt auf Jazz legte. Der Pö-Betreiber Peter Marxen war zu der Zeit mit dem Pianisten und NDR-Jazzredakteur Michael Naura befreundet. Der stand dort regelmäßig an der Theke – nicht nur, um sein Bier zu trinken, sondern auch, um sich doppelte Jägermeister (Naura: „flüssige Scheiße“) hinter die Binde zu kippen.

Und so kam es, dass die jahrzehntelange Karriere von Al Jarreau ihren Anfang in Hamburg nahm, als der damals unbekannte Sänger aus Milwaukee im Onkel Pö’s auftrat und vom NDR mitgeschnitten wurde – vor einem bass erstaunten Publikum angesichts seiner gleichermaßen virtuosen wie emotionalen Vokal-Kunststücke. Danach kamen viele, vor allem amerikanische Jazzgrößen in dieses Musiklokal mit einer Kapazität von maximal 300 Plätzen: Dizzy Gillespie beispielsweise, Chet Baker, Art Blakey, Chick Corea, Pat Metheny usw. usf. Viele dieser Konzerte nahm Naura für den NDR auf, seit geraumer Zeit werden diese NDR-Mitschnitte sukzessive von Jazzline Records auf CD veröffentlicht.

Nach vier Jahren war für Marxen Schluss. „Pö-Jahre sind wie Hundejahre, die zählen siebenfach“, soll er Ende der 1970er bei der Übergabe an seinen Nachfolger Holger Jass, der 2015 mit dem Buch „Mein Onkel Pö“ ein Stück Hamburger Stadt- und Jazzgeschichte herausgegeben hat, gesagt haben. Er zog weg aus Hamburg und leitete fortan ein Feinschmecker-Restaurant in Ostholstein; Konzerte veranstaltete er keine mehr. Am 10. Juni ist Peter Marxen im Alter von 80 Jahren gestorben.

Text
Martin Laurentius

Veröffentlicht am unter News

Deutscher Jazzpreis 2024