Paris: Zensur gegen Aziza Brahim

Aziza BrahimAuf politischen Druck hin ausgeladen: Aziza BrahimAm 10. März sollte sie das Finale des neuen Festivals „Les Arabofolies“ im Pariser Institut du Monde Arabe (IMA) gestalten: Aziza Brahim, derzeit prominenteste Stimme der Musik der Westsahara. Nun ist das Konzert gestrichen worden, aus einem „vom Willen der Künstlerin unabhängigen Grund“, so das IMA. Von Seiten der belgischen Künstleragentur Brahims heißt es, der Botschafter Marokkos habe die privaten marokkanischen Sponsoren des IMA kontaktiert und sie aufgefordert, ihre finanzielle Unterstützung sofort einzustellen, sollte die Einladung an Aziza Brahim weiter bestehen. Marokko befindet sich seit dem Rückzug der Spanier aus der Westsahara Mitte der 1970er in einem ungelösten, blutigen Konflikt mit der Unabhängigkeitsbewegung Polisario. Leidtragende sind die Zivilisten der Sahraui: Ein Großteil des Volkes lebt seit Jahrzehnten in Flüchtlingslagern an der marokkanischen oder algerischen Grenze. Marokkanische Medien, unter ihnen das Portal „Le 360″ behaupten, Aziza Brahim sei eine „Aktivistin“ der Polisario, in ihrer Arbeit stünde die internationale Werbung für den Separatismus und nicht die Musik im Zentrum, das IMA biete ihr somit ein Forum für politische Thesen.

Die in einem Flüchtlingscamp geborene Aziza Brahim, die heute in Barcelona lebt, singt in ihren Liedern auch über das Schicksal ihres Volkes. In einer Stellungnahme an ihre Fans schreibt sie: „Dieses Konzert wurde auf Druck des Königreiches Marokko und seiner Botschaft in Frankreich gecancelt.“ Zone Franche, Frankreichs bekanntes Netzwerk für Kulturschaffende in der Weltmusik kommentiert: „Die Annullierung lässt uns befürchten, dass nicht alle es als notwendig erachten, Künstler aus Minderheitenkulturen oder Konfliktzonen in unseren Institutionen zu empfangen. Angesichts einer drohenden kulturellen Vereinheitlichung, die die Politik, Diplomatie oder die Wirtschaft vorschreibt, müssen wir uns unserer kollektiven Verantwortung bewusst werden.“ An Brahims Stelle wird nun das palästinensische Jazztrio von Faraj Suleiman die Arabofolies beschließen. Aziza Brahim wird dennoch in Paris auftreten, am 26.4. im Pan Piper.

Text
Stefan Franzen

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