Brasilien: Musiker und die Wahl von Bolsonaro

Pabllo VittarPabllo VittarNach der Wahl des rassistischen, frauenfeindlichen und homophoben Jair Bolsonaro zum neuen Präsidenten Brasiliens am vergangenen Sonntag ist das Entsetzen unter Intellektuellen und Künstlern groß. Musiker wie Caetano Veloso, Chico Buarque und Milton Nascimento haben während der 21 Jahre der Militärdiktatur (1964-85) unter Drohungen, Zensur und Exil gelitten und erleben nun im fortgeschrittenen Alter, wie einer, der diese Zeit verherrlicht, an die Macht kommt. Vor der Wahl haben sie sich klar und öffentlich gegen Bolsonaro und für den Kandidaten der Arbeiterpartei, Fernando Haddad, positioniert. Als Warnung vor einer Wiederholung der Ereignisse veröffentlichte Nascimento etwa ein Dokument, das den Eingriff der Zensurbehörde gegen seine Texte dokumentiert.

Auch die ein bis zwei Generationen jüngeren Musiker haben sich organisiert: Federführend bei den Bolsonaro-Gegnern war hier der Songschreiber Rodrigo Amarante, der singend nochmals einen letzten Appell für die Demokratie und gegen eine Stimmenabgabe aus Furcht ans Volk richtete. Besonders flammend gegen Bolsonaro und für Freiheit und Vielfalt hat sich Daniela Mercury geäußert, die dafür das Lied „Pagode Divino“ geschrieben hat. Mercury betonte vor der Wahl, dass sie unabhängig vom Resultat mit ihrer Kunst weiterhin für das kämpfen werde, woran sie glaube, und veröffentlichte nach dem Sieg eine gezeichnete Friedensbotschaft mit dem Text „Niemand wird des Anderen Hand loslassen“.

Auch der bekannteste transsexuelle Musiker Brasiliens, Pabllo Vittar, zeigt sich ungebrochen und kündigte, untermalt von einem Regenbogenfoto, an: „Ich leiste Widerstand“. Unterdessen machen sich in den „sozialen Medien“ Anfeindungen gegen die Bolsonaro-Gegner breit: Veloso, Nascimento und Vittar wurde unter anderem geraten, das Land zu verlassen. Die Sängerin Preta Gil, Gilberto Gils Tochter, fasst die Stimmung nach der Wahl für viele Kolleg*innen zusammen: „Ein trauriger Tag in unserer Geschichte. Aber ich habe viele Dinge nicht verloren: meine Würde, meine Kraft, meinen Charakter. Wir werden weiter nach vorne blicken und in unserem Kampf zusammenstehen.“

Text
Stefan Franzen
Foto
Creative Commons/Mídia NINJA

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