Gestorben: Michael Naura

Ist am 13.2. gestorben: Michael NauraMichael Naura

Er war ein Unikat. Als Pianist war Michael Naura der Namensgeber für ein Quintett, das in den frühen Jahren der noch jungen Bundesrepublik zu den erfolgreichsten Jazzbands hierzulande gehörte. Naura, 1934 in Memel in Litauen geboren und in Berlin aufgewachsen, gehörte also zur Gründergeneration des Jazz in Deutschland, jener Musiker, die in den 1950er-Jahren die großen Amerikaner zwar kopierten, aber weil sie in der Regel einen anderen, einen europäischen kulturellen Hintergrund hatten, fügten sie stets eigene Facetten in den modernen Jazz jener Tage ein. In Nauras Quintett war es die Kombination von Klavier und Vibrafon; nichts Neues eigentlich im Jazz dieser Zeit, aber die Art, wie sich Naura und der gleichaltrige Wolfgang Schlüter auf Piano und Vibrafon umzirkelten, wie sie sich ergänzten und konterten, das war nicht nur großartig, sondern vor allem auch einmalig. Eine Poliserositis-Erkrankung zwang Naura 1964 eine längere Pause als Pianist auf. Danach zog er sich weitestgehend von der Szene zurück und begann, als Journalist zu schreiben. 1971 kam dann der Anruf vom NDR-Unterhaltungschef Henri Regnier – und die zweite Karriere des Michael Naura begann: als Jazzredakteur des Norddeutschen Rundfunks.

„Radio ist Klang“ wurde zum Credo des Radiomachers. Seine Texte und Moderation waren in der Regel wenig feinfühlig, selten sensibel verfasst. Naura liebte die deftig derbe Zote, es war ihm ein Genuss, polternd und zeternd für oder gegen eine Sache zu schreiben. Als Autor war er dennoch anerkannt: Er schrieb für renommierte Zeitungen und Magazine – Spiegel und Die ZEIT waren seine Auftraggeber, aber auch für eine Weile Jazz thing. Und er zeigte als Redakteur, dass er einen guten Riecher hatte: für die ungewöhnliche Klangsprache von bereits arrivierten Improvisationsmusikern ebenso wie für Talente, für jüngere Jazzmusiker, die gerade dabei waren, ihren Weg zu finden. „Weil mir nicht gefiel, was die meisten amerikanischen Plattenfirmen so vor sich hin produzierten, lud ich die Musiker, die etwas zu sagen hatten, in den Sender – und ließ sie spielen“, erinnerte sich Naura, als ihn Götz Bühler für die Artikelserie „European Jazz Legends“ in seinem „Alterssitz“ im Hollbüllhuus bei Husum besuchte. Dort ist Michael Naura am 13. Februar im Alter von 82 Jahren gestorben.

Text
Martin Laurentius
Foto
Lutz Voigtländer

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