Editorial #96

Liebe Leserinnen und Leser,

„der amerikanische Jazz ist längst nicht mehr der Hauptjazz. Für mich ist Volksmusik auch ein Ursprung von Jazz“, sagt Defne Sahin in unserem Roundtable zu „Jazz und Migration“. Für Houston Person, einer der Protagonisten in der mittlerweile zehnten Folge unserer Porträtserie „American Jazz Heroes“, ist Jazz nur dann authentisch, wenn der Blues in ihm ist. Und auch Larry Ridley, ein weiterer „American Jazz Hero“, beschwört die afro-amerikanischen Wurzeln des Jazz. Für Gwilym Simcock, einer der drei Teilnehmer unseres „Piano Summit Roundtable“, geht es im Jazz hingegen vor allem darum, „das zu tun, was dich ausdrückt – und das mit hundert Prozent deines Potentials.“ Vier Stimmen mit vier durchaus unterschiedlichen Meinungen zum Wesen des Jazz – die alle ihre Berechtigung und somit auch ihren Platz im breiten Spektrum von Jazz thing haben.

Jazz thing 96 Editorial

Die erwähnten Artikel zeigen auch, dass wir uns immer weiter von der klassischen, von Plattenveröffentlichungen getriebenen Berichterstattung wegbewegen. Es erscheint uns oft interessanter, aktuelle Themen – wie „Jazz und Migration“ – aufzugreifen, oder Musiker einmal ganz anders vorzustellen. Zu Hause beim Kochen in der Küche z.B., wie in der Reihe „Jazz Cooks“. Im Austausch mit anderen Musikern, wie in unseren beiden Roundtables in diesem Heft. Oder über die Einflüsse, die einen Musiker zu dem gemacht haben, was er ist – wie in der Rubrik „This Music(ian) Changed My Life“, in der dieses Mal Django Bates sehr persönlich schildert, wer sein Weltbild geprägt hat. Und in der Reihe „American Jazz Heroes“ geht es uns auch darum, jene Jazzpioniere zu ehren, von denen manche Menschen nicht einmal mehr wissen, dass es sie noch gibt – wie Grachan Moncur III bitter anmerkt.

Aber natürlich vergessen wir darüber nicht, die wichtigsten neuen Veröffentlichungen vorzustellen und damit vielleicht den einen oder anderen Tipp für die Weihnachtseinkäufe zu geben – schließlich steht der physische Tonträger als Geschenk nach wie vor hoch im Kurs.

In diesem Sinne ausdrücklich empfehlen können wir die von uns präsentierte „Unit Records“-Box mit acht CDs und zehn Stunden aktuellem und spannendem Modern Jazz für sympathische 25 Euro – mehr dazu auf dieser Seite.

Es ist eben die Mischung, die’s macht – und wir hoffen, die Mischung stimmt auch in diesem Heft wieder.

Wir wünschen ein frohes Fest und einen guten Übergang!

Die Redaktion von Jazz thing & Blue Rhythm

Veröffentlicht am unter 96, Heft

GESOBAU Jazz&Soul Award 2024