RIP: Emil Mangelsdorff

In Frankfurt fand er rasch Anschluss an die nach dem Krieg frisch aufkeimende Jazzszene. Mangelsdorff wechselte zum Altsaxofon, begann sich mit den damals modernen Stilistiken Bebop und Cool-Jazz zu beschäftigen, eröffnete mit weiteren Musikern 1952 den Jazzkeller in Frankfurts Kleiner Bockenheimer Straße und war unter anderem mit seinem jüngeren, Posaune spielenden Bruder Albert verantwortlich dafür, dass seine Heimatstadt in den 1950er-Jahren Deutschlands Jazzhauptstadt werden konnte. Der Altsaxofonist gehörte zudem 1958 zur Gründungsbesetzung des hr-Jazzensembles, leitete ab 1966 sein eigenes Quartett und experimentierte schon früh mit der Kombination aus Jazz und Lyrik.
„Der Jazz war für ihn untrennbar verbunden mit der Idee von Freiheit und Gleichheit aller Menschen“, so Hans-Jürgen Linke über Mangelsdorff in der „Frankfurter Rundschau“: „Dass seine Ursprünge in der afroamerikanischen Subkultur der nordamerikanischen Sklavenhaltergesellschaft liegen, bedeutete für ihn zwangsläufig, dass diese Musik keinerlei Diskriminierung dulden konnte.“ Deshalb organisierte der Saxofonist Jahrzehnte lang nicht nur in Frankfurt die Gesprächskonzertreihe „Swing tanzen verboten“, in der er über seine Erlebnisse mit Diktatur, Ausgrenzung und Diskriminierung berichtete. Mehrfach wurde Mangelsdorff für seine kreative Arbeit als Jazzmusiker ebenso ausgezeichnet wie für sein gesellschaftspolitisches Engagement – unter anderem 2006 mit der Goethe-Plakette des Landes Hessen oder dem Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland 2008.
„Ich bin sehr bestürzt über den Tod von Emil Mangelsdorff. Er hat sich nicht nur um die Kultur in Hessen verdient gemacht, sondern als Zeitzeuge der dunkelsten Stunden der deutschen Geschichte wertvolle Erinnerungsarbeit geleistet“, so Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier auf Twitter, als er von Mangelsdorffs Tod am 20. Januar erfuhr. „Schon früh entdeckte er die Liebe für den Jazz – in einer Zeit, in der jeder, der damals Jazz hörte oder gar selbst spielte, schwerste Strafen riskierte“, meinte Deutschlands neue Kulturstaatsministerin Claudia Roth. Und Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann schrieb, mit Mangelsdorff „verlieren wir einen Zeitzeugen der Nazizeit, der am eigenen Leibe spürte, was es hieß, sich als Künstler dem Regime zu widersetzen.“ Text Martin Laurentius






