Bonn: Grizzly Jazz Foundation

Alma NaiduAlma Naidu„Ein Mann wie ein Bär“. Das sagt man oft über einen Menschen von der Statur eines Andreas Hoeft – so groß, kräftig und breitschultrig, wie er war. Oftmals werden Menschen wie Hoeft dann auch die Charaktereigenschaften durchsetzungsfähig, robust oder willensstark zugeschrieben. Der promovierte Mediziner hatte deshalb schon früh seinen Spitznamen bekommen: „Grizzly“. Dabei wird gerne übersehen, dass jemand wie Hoeft eben auch anders ist: emphatisch, seinen Mitmenschen zugewandt, mitfühlend. 25 Jahre lang war er Direktor der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin an der Universität Bonn und einer der führenden Köpfe der „Europäischen Gesellschaft für Anästhesiologie“. Und Hoeft war Jazzenthusiast, der häufig Konzerte besuchte und viel mit den Musiker/-innen sprach. Dabei wurde ihm klar, welchen Zwängen und Nöten sich vor allem junge Talente ausgesetzt sehen – nicht nur in materieller sondern auch in emotionaler Sicht. Deshalb reifte in ihm die Idee heran, den wichtigen Karriereschritt, wenn Studierende den geschützten Raum der Hochschule verlassen, um fortan auf eigenen Füßen zu stehen, mit einer eigenen Stiftung, seiner „Grizzy Jazz Foundation“, zu begleiten.

Sein jäher Tod im Alter von nur 66 Jahren vor einem Jahr ließ Hoeft die Wahl der ersten Stipendiatin leider nicht mehr miterleben. Auf dem Gründungskonzert seiner Stiftung am 26. November im großen Saal der Bonner Telekom-Niederlassung wurde diese nun bekannt gegeben. Der Karrierestart der 1995 geborenen Münchner Sängerin Alma Naidu wird für zwei Jahre mit insgesamt 20.000 Euro unterstützt. „Die nachrückende Jazzgeneration benötigt Sichtbarkeit, Referenzen, Zugang zu Netzwerken und finanzielle Anlaufunterstützung – gerade in Zeiten von Corona, in denen es für den Nachwuchs nur wenige Auftrittsmöglichkeiten gibt. Die Stiftung greift an dieser Stelle mit finanzieller und ideeller Hilfe zur Selbsthilfe ein“, so der Vorsitzende des Stiftungsvorstandes, Christian Cassebaum, in seiner Begrüßungsrede vor dem Konzert.

Gemeinsam mit der Witwe des Stifters, Sabine Hoeft, und der Musikwissenschaftlerin und Publizistin Anke Steinbeck vom Deutschen Musikrat will Cassebaum im Vorstand daran arbeiten, die Sicht- und Hörbarkeit junger Jazzmusiker/-innen durch organisatorische Unterstützung oder die Vermittlung von Auftrittsmöglichkeiten zu erhöhen. Für die Auswahl der Stipendiat/-innen arbeitet man eng mit dem Bundesjazzorchester zusammen, dem auch Naidu seit 2020 angehört.

Im ersten Teil am vergangenen Freitagabend war die junge Sängerin noch alleine auf der Bühne und begleitete sich für ihre ausdrucksstarken Songs auf dem Flügel selbst. Den zweiten Teil bestritt das Quartett des schwedischen Kontrabassisten Lars Danielsson, der zu Lebzeiten einer der Lieblingsmusiker Hoefts war. Am Schluss seines Konzerts holte Danielsson Naidu noch einmal auf die Bühne, um mit ihr zuerst eine launige Fassung von „You Don’t Know What Love Is“ als Duett aufzuführen, bevor die beiden mit der kompletten Band eine der mitreißenden Originals des Bassisten zum Besten gaben.

Weiterführende Links
„Grizzly Jazz Foundation“

Text
Martin Laurentius
Foto
Norbert Ittermann

Veröffentlicht am unter News

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