Buch: Three Days In Malibu

Meier war kein Jazzexperte. Ein nächtlicher Crashkurs in Sachen Davis führte ihn überhaupt erst in die wichtigsten Stationen der Karriere dieses Trompeters ein. Aber er hatte einen weiteren Trumpf in der Hand. Beim Gespräch mit Davis sollte der Hamburger Ralph Quinke die Fotos machen, der den Trompeter seit 1971 regelmäßig vor der Kamera hatte und zwei Jahre vor dieser „du“-Reportage ein filmisches Porträt von Davis für das Fernsehen des Norddeutschen Rundfunks verantwortete.
Im Mai 1989 flogen also der Schweizer und der Deutsche nach Kalifornien. Sie fuhren zum Haus von Davis an der Pacific Coast Road in Malibu und klingelten dort am 24. Mai 1989 Punkt 14 Uhr drei Mal. Davis’ Neffe Vince Wilburn öffnete und ließ die beiden Journalisten eintreten. Nahezu die Hälfte von Meiers Reportage ging dann gar nicht über den Jazzmusiker, sondern in großen Teilen über den Maler Miles Davis – darüber, wer dessen Vorbilder waren und was ihn überhaupt zu seinen Bildern inspirierte; oder ob er in einem zweiten Leben gleich zur Palette greifen oder doch erst wieder Musik machen würde. Was sich wie Smalltalk liest, stellt sich aber als Annäherungsversuch dar. Wie sich Davis mit seinen Antworten seinem Gesprächspartner öffnet, sich ihm immer zugewandter gibt und er geradezu zugänglich wirkt. Der Trompeter will zwar gerne cool und überlegen erscheinen, dennoch zeigt er sich vor allem als raumgreifend empathische Künstlerpersönlichkeit.

Weil sich am 26. Mai 2026 der 100. Geburtstag von Miles Davis jährt, ist der Leipziger Arne Reimer, der auch unsere beiden „American Jazz Heroes“-Bände als Autor und Fotograf verantwortet hat, auf die Idee gekommen, viele der 1989 während der drei Stunden mit Davis in Malibu entstandenen Fotos in einem Bildband zusammenzufassen – auch und gerade deshalb, weil die „du“-Ausgabe mit Davis seit langem vergriffen ist. „Miles Davis – Three Days In Malibu“ hat er den Bildband überschrieben, in dem neben dem Originaltext von Meier auch Fotos von Quinke zu finden sind, für die kein Platz in der Davis-„du“ war.
Zudem hat Reimer mit den beiden Protagonisten ein Gespräch geführt, in dem sie ihre drei Tage in Kalifornien aus der Erinnerung und Distanz heraus reflektieren. Dadurch bekommt man als Leser/-in andere, manchmal auch neue und oftmals überraschende Einblicke und Zusammenhänge geboten. „Miles Davis – Three Days In Malibu“ ist also nicht nur ein Fotobuch über diesen Jazztrompeter, sondern liefert auch ein bisschen Fotografie- und Medien-Historie. Das von Reimer herausgegebene Buch erscheint am 11. Dezember im Schweizer Verlag Scheidegger & Spiess, hat 152 Seiten und kostet 68 Euro.
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„Miles Davis – Three Days In Malibu“







