RIP: Bill Withers

Bill WithersBill WithersDie erste Single-Auskopplung aus der zweiten Platte „Still Bill“ 1972 von Bill Withers ist fast so etwas wie ein Hymnus auf die „starke Schulter“, an die man sich in schweren Zeiten anlehnen kann. Die Zeilen des Refrains sprechen jedenfalls eine deutlich-poetische Sprache: „Lean on me, when you‘re not strong / And I’ll be your friend / I’ll help you carry on / For it won’t be long / ’Til I‘m gonna need / Somebody to lean on“. In Withers Musik, mit der er die Verse auch des Refrains unterlegt hat, scheint jeder Ton wie natürlich am richtigen Platz zu sitzen. Eine Kadenz auf dem Klavier und dem E-Piano leitet im getragenen Tempo in den Song ein, die Dramaturgie von „Lean On Me“ wirkt auch in der Verschiedenheit der musikalischen Gestaltung wie selbstverständlich – wenn nicht das gleichermaßen raue wie zarte Timbre des zwischen Brust- und Kopfstimme wechselnden, 1938 in West Virginia geborenen Sängers den Flow immer wieder aus dem Tritt bringt. „Lean On Me“ war dann noch erfolgreicher als „Ain’t No Sunshine“ von Withers Debütalbum „Just As I Am“ aus dem Vorjahr: Platz 1 in den US-Pop-Charts.

Withers Kunst als Soul-Sänger ist es gewesen, tatsächlich jedermann mit seinen Liedern anzusprechen. Diese hatten nur wenig zu tun mit dem zumeist überzuckerten Glanz anderer Songs zu jener Zeit und erzählten in der Regel keine stereotypen „Boy meets girl“-Geschichten. Mit seinen Lyrics konnte sich Withers vielmehr in einen alten Mann hineinsetzen, der über die „Ups“ and „Downs“ im Leben philosophierte, oder über die Grausamkeiten des Krieges singen, die ein Vietnam-Veteran durchleiden musste. Withers war äußerst empathisch, aller Tragik und Trostlosigkeit zum Trotz, die sich oftmals wie ein Fundament unter seine Songs legten, war er dennoch voller Hoffnung auf Veränderung und Verbesserung. Seine Soul Music besaß so gar nichts Machohaftes, war weder schwülstig noch vulgär. R‘n'B und Soul, Gospel und Folk waren die Wurzeln für seine „Klein-Oden“, die Withers wie niemand anderes so treffsicher und tiefgründig zu komponieren und zu inszenieren wusste.

1981 wurde Withers zum zweiten Mal mit einem „Grammy“ ausgezeichnet, für das mit dem Saxofonisten Grover Washington Jr. gemeinsam aufgenommene Stück „Just The Two Of Us“. 1985 erschien dann sein letztes Album unter eigenem Namen, „Watching You, Watching Me“. Weil er sich nicht von fremden Interessen auch der Musikindustrie vereinnahmen lassen und lieber konsequent seinem Lebensweg folgen wollte, zog sich Withers immer mehr aus der Szene zurück – nur von gelegentlichen Gastauftritten unterbrochen. 2009 kam die Film-Biografie „Still Bill“ in die Kinos, mit der nicht nur das künstlerische Werk des Sängers, sondern vor allem auch des Menschen gewürdigt wurde. Am 30. März ist Bill Withers 81-jährig in Los Angeles gestorben.

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Bill Withers

Text
Martin Laurentius
Foto
Andrew Zuckerman

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