RIP: Orrin Keepnews

Zum Tode von Orrin Keepnews1953 gründeten die New Yorker Orrin Keepnews und Bill Grauer die Plattenfirma Riverside Records. Grauer, 1922 geboren, verantwortete die wirtschaftliche Seite, sein ein Jahr jüngerer Freund Keepnews kümmerte sich als Produzent um die musikalischen Belange. Thelonious Monk war zwar nicht der erste Jazzmusiker, der von Riverside unter Vertrag genommen wurde. Doch die Alben, die der als kauzig und schrullig verrufene Pianist und Komponist zwischen 1955 und 1961 unter der Ägide von Keepnews im Studio aufgenommen hatte, begründeten den legendären Ruf dieses amerikanischen Jazz-Labels. Auch wenn Monk mit der Idee, als erstes ein Album mit Duke-Ellington-Titeln aufzunehmen, nicht glücklich war, so war es dennoch ein „geschickter“ Schachzug von Keepnews, weil er mit „Plays Duke Ellington“ deutlich machte, was für ein stilbildender Pianist Monk doch war. Und er konnte zeigen, dass er einen „Riecher“ für außergewöhnliche Jazzmusiker hatte. Den besaß er zum Beispiel auch, als er Julian „Cannonball“ Adderley für Riverside unter Vertrag nahm. Der Altsaxofonist war es dann, der ihm 1959 enthusiastisch den Gitarristen Wes Montgomery empfahl. „Ich habe mich selbst immer als Katalysator verstanden“, hat Keepnews einmal gesagt. „Ich habe nie ein Instrument gespielt und fand heraus, dass genau dies meine Stärke als Produzent war. Mein Job war es, die bestmögliche Umgebung zu schaffen, in der Musiker sich verwirklichen konnten.“

Sein Meisterstück machte Keepnews 1961. Auf zwei Riverside-LPs, „Sunday At The Village Vanguard“ und „Waltz For Debby“, erschien der Livemitschnitt eines Konzerttages mit dem Bill Evans Trio im New Yorker Club Village Vanguard. Mit diesen LPs wurde die Besetzung Piano, Bass, Schlagzeug zur musikalischen Gattung – mehr noch: Diese setzten den Maßstab schlechthin für viele Jazz-Piano-Trios späterer Jahre. 1963 starb Bill Grauer unerwartet. Ein Jahr lang stemmte sich Keepnews gegen das Ende von Riverside. 1964 musste er aber aufgeben: Zu weit war der Spagat zwischen künstlerischem Anspruch und wirtschaftlicher Realität.

Aber Keepnews ließ sich nicht entmutigen. Zwei Mal sollte er noch Gründer von Plattenfirmen werden: 1966 von Milestone und 1980 von Landmark Records. Ab 1972 war er acht Jahre lang „Head Of Artist & Repertoire“ für das Label Fantasy Records, dem er zuvor die Kataloge von Riverside und Milestone verkauft hatte. Viermal bekam er einen „Grammy“, zuletzt 2004 den „Trustees Award“ für sein Lebenswerk. 2011 wurde er von der amerikanischen Stiftung „National Endowment For The Arts“ zum „NEA Jazz Master“ ernannt. Sein Name ist mittlerweile ein Gütesiegel: Unter dem Signet „Orrin Keepnews Collection“ werden viele seiner Produktionen wiederveröffentlicht. Ein Tag vor seinem 92. Geburtstag, am 1. März, ist Keepnews im kalifornischen El Cerrito gestorben. Bereits 1962 schrieb der Pianist Bill Evans ein Stück zu Ehren seines Produzenten: „Re: Person I Knew“ ist ein Anagramm des Namens Orrin Keepnews.

Text
Martin Laurentius

Veröffentlicht am unter News

Deutscher Jazzpreis 2024