Köln: Verleihung Deutscher Jazzpreis

Eine Kufiya war vorher schon einmal zu sehen gewesen, als das diasporische Kollektiv Sonic Interventions aus Berlin den Deutschen Jazzpreis als „Newcomer/-in des Jahres“ entgegennahm. Die marokkanische Sängerin Douniah hatte sich dieses Tuch umgelegt, als sie mit dem kolumbianischen Kebyoarder dieser multinationalen Band, Pachakuti, eine Rede hielt. Zwar rekurrierten auch sie immer wieder auf die humanitäre Katastrophe in Gaza. Doch setzten sie das oftmals in andere Kontexte und bezogen es auch auf sich selbst als junge Menschen mit migrantischen Biografien in Berlin. Dass diese 13-köpfige Truppe (mit einem Tänzer) durchaus zurecht ausgezeichnet wurde, demonstrierte Sonic Interventions als erster Live-Act der Preisverleihungsgala: mit dem Versuch einer politisierenden Inszenierung der Musik, die dabei aber erfrischend Groove-lastig war und manchmal so herrlich unprätentiös klang.
Lang war der Abend. Jeder und jede Gewinner/-in wurde mit einer Laudatio bedacht. Das dauerte seine Zeit. Obwohl Bühler und seine Mit-Moderatorin Hadnet Tesfai auch diesmal wieder mal lässig, mal launisch, stets humorvoll und authentisch durch den Abend im Hochsommer-heißen E-Werk führten, waren Längen wohl unvermeidlich. Wen wundert’s, bei nur drei Musikbeiträgen in den drei Stunden. Den dritten spielte übrigens Nduduzo Makhathini mit seiner Ehefrau, der Sängerin Omagugu Makhathini. Der südafrikanische Pianist bekam auch einen Deutschen Jazzpreis: als „Live-Act des Jahres international“.

Merkwürdig war, dass weder der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Wolfram Weimer, noch Nordrhein-Westfalens Ministerin für Kultur und Wissenschaft, Ina Brandes (aus Termingründen), oder Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker es für nötig hielten, zur Preisverleihung zu kommen. Dabei wurde am Tag der Gala in einem Artikel der Kölnischen Rundschau mit der Überschrift „Hätte man um diesen Leuchtturm kämpfen sollen?“ die Stadt Köln noch so zitiert, dass der Deutsche Jazzpreis eine starke Werbung und ein Aushängeschild für die lokale und international wirkende Jazzszene gewesen sei: „Eine Rückkehr des Preises nach Köln bleibt deswegen perspektivisch denkbar.“
Weimer wiederum betonte in der Pressemitteilung zur Preisverleihung, dass Jazz in Deutschland ein wichtiger Teil des Musiklebens sei: „Deshalb fördert die Bundesregierung den Deutschen Jazzpreis seit 2021. Mit dieser Auszeichnung werden nicht nur herausragende künstlerische Leistungen gewürdigt. Wir zeigen mit dem Deutschen Jazzpreis zugleich auch, wie lebendig, spannend und vielseitig die Jazzszene ist.“ Glaubwürdiger (und vielleicht auch respektvoller) wäre es allerdings gewesen, wenn das Deutschlands neuer Kulturstaatsminister wenigstens via Videoeinspielung am Galaabend dem Publikum im E-Werk übermittelt hätte. Immerhin gab er aus seinem Etat für die 22 Gewinner/-innen und für 54 Nominierte nahezu 500.000 Euro aus. Beim nächsten Deutschen Jazzpreis im kommenden Jahr ist also noch Luft nach oben; dann erst Mal wieder in Bremen zur jazzahead!.
PS: Ganz am Schluss der Gala gab es noch so etwas wie ein offizielles Bekenntnis. „Auf dieser Bühne sind heute viele, viele starke Statements gemacht worden“, so Tesfai. Bühler fuhr fort: „Wir stehen solidarisch auf der Seite aller zivilen Opfer dieses Konflikts, auch der israelischen Geiseln. Das Leid der Zivilbevölkerung in Gaza und darüber hinaus ist schrecklich und bewegt uns sehr.“ Und Tesfai abschließend: „Heute feiern wir den Jazz, wir feiern seine Akteur/-innen, ihre Kreativität, ihre Haltung, ihre Musik. Lasst uns gemeinsam den Raum schützen, in dem Vielfalt, Respekt und künstlerische Freiheit ihren Platz haben.“
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