Für die Stücke ihres vierten Albums schöpft die taiwanesische Vibrafonistin Yuhan Su aus den Quellen von bildender Kunst und Literatur. Der Wahl-New-Yorkerin gelingen dabei mal verkantet-schroffe, mal höchst lyrische, aber immer treffende Umsetzungen des Inspirationsmaterials. Etwa im Falle der Bilder des Malers Hans Hartung, dessen schwarze Linienspiele Su mit ihrem Quintett um Caroline Davis (Altsax), Matt Mitchell (Klavier), Marty Kenney (Bass) und Dan Weiss (Drums) zum Sirren und krummtaktigen Headbangen bringt. Ähnlich verhält es sich mit „Didion“ und seinem aufgewühlten Septolen- und Klaviercluster-Background, über den sich die lakonischen Melodiestimmen von Sax und Vibrafon legen – ganz so, wie Joan Didion im „Jahr magischen Denkens“ nüchtern über die schlimmsten Seelenerschütterungen berichtet. Die komplex-polyrhythmischen und dennoch nachvollziehbaren Klangerzählungen der Taiwanesin sind aus einem ähnlichen narrativen Holz geschnitzt.
Text
Josef Engels
Ausgabe
, Jazz thing 152
Veröffentlicht am 08. Feb 2024 um 07:58 Uhr unter Reviews
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