Was kann man mit einem Chor alles machen? Meredith Monk, die wohl größte lebende Komponistin für Vokalmusik, sprengt seit jeher alle Konventionen von Chorgesang. Auf „Cellular Songs“, ihrem ersten Album mit neuen Songs seit neun Jahren, wird sie den hohen Erwartungen, die in ihren Namen gesetzt werden, voll gerecht. Ihre nonverbalen Stimmcollagen muten archaisch an, als kämen sie aus der Erde selbst. Die ätherischen Frauenstimmen werden durchsetzt von Body-Percussion, Pfeifen, Knacklauten, Schnalzen, Zischeln, Schniefen und anderen Geräuschen. Inspiriert wurde die 82-jährige Komponistin von einem Buch über Krebs. Wie so oft geht es ihr um das elementare Verhältnis von Mensch und Natur, und zwar nicht nur um den selbstdefinierten Menschen und die wahrnehmbare Natur, sondern um die Grundbausteine unserer Existenz und die Seele der Natur. Wenn nach ersten A-cappella-Stücken mit dem zaghaften Einsatz von Instrumenten wie Vibrafon, Klavier oder Streichern weitere Elementarteilchen hinzukommen, offenbart sich einmal mehr Frau Monks Nähe zur Minimal Musik. Die grandiose Trance-Musik von Monk büßt bis heute nichts von ihrer hypnotischen Durchdringungskraft ein. „Cellular Songs“ ist ein weiteres Meisterwerk einer zuverlässigen Schöpfungsinstanz.
Text
Wolf Kampmann
Ausgabe
, Jazz thing 161
Veröffentlicht am 10. Nov 2025 um 07:57 Uhr unter Reviews
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