Wie beendet man eine jahrzehntelange, außergewöhnliche Karriere? Zufällig? Still und heimlich? Krachend? Oder unfreiwillig peinlich? Am besten so wie Martial Solal! Die bald 92-jährige französische Pianolegende legt noch einmal ein Album vor; sein letztes – definitiv. Die „Histoires Improvisées“ besitzen somit den Charakter eines Testaments, einer Lebensbilanz. Darin erzählt Solal erst launige Geschichten über Count Basie, Liszt, Eric (Dolphy), Ellington, Kenny (Clarke), Stéphane, Godard oder Dizzy, dann improvisiert er. Solals Territorium war schon immer die Schnittstelle zwischen dem Jazz alter und der Klassik neuerer Prägung. Ein Niemandsland voller Dornen, kantiger Steine und giftiger Dämpfe, durch das sich der Tastengallier mit der sympathischen Knollennase leicht, locker, pfeifend bewegt. Kein Pfeifen im Walde. Der Mann wählt den unbequemen Weg der Verfremdung im Vertrauten. Dabei entsteht ein unglaubliches Konglomerat aus Verspielt- und Versponnenheit, Ideenreichtum, Humor, verblüffenden Wendungen und simplen Endungen, Heiterem, Grübelndem, Subtilität, Technik und Experimentierlust. Sein Finale. Ein grandioser Schlusspunkt!
Text
Reinhard Köchl
Ausgabe
, Jazz thing 129
Veröffentlicht am 10. Jun 2019 um 10:01 Uhr unter Reviews
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